Rz. 311
§ 2312 sieht in Abweichung von § 2311 BGB vor, dass Landgüter im Sinne der Vorschrift nicht mit dem gemeinen Wert (Verkehrswert), sondern ledgilich mit dem Ertragswert (§ 2049 Abs. 2 BGB) anzusetzen sind. Dieser bestimmt sich nach der Formel:
Ertragswert = Reinertrag × Kapitalisierungsfaktor.
Der Kapitalisierungsfaktor ist in nach Art. 137 EGBGB erlassenen landesrechtlichen Ausführungsgesetzen geregelt. Diese sehen Kapitalisierungsfaktoren zwischen 17 und 25 (entspricht Kapitalisierungszinssätzen von 5,88 bis 4 % p.a.) vor. Für besonders gelagerte Fälle sind teilweise Abweichungen zulässig (vgl. etwa Bayern: Art. 68 BayAGBGB: "vorbehaltlich der Berücksichtigung besonderer Umstände").
Rz. 312
Wesentlicher Werttreiber für den Ertragswert des Landguts ist sein bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung nachhaltig erzielbarer Reinertrag. Wie dieser zu ermitteln ist, ist gesetzlich nicht geregelt und bleibt daher in der Praxis vornehmlich dem Urteil des sachverständigen Gutachters vorbehalten. Allgemein lässt sich festhalten, dass der Reinertrag nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen unter Berücksichtigung der Besonderheiten land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und unter Zugrundelegung der bisherigen Nutzung bei einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung abgeleitet werden muss. Dabei sind auch Subventionsleistungen zu berücksichtigen.
Zur sachgerechten Ermittlung des Ertragswertes hat die Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht entsprechende Richtlinien herausgegeben, die für die Praxis wegweisend sind.
Rz. 313
Die Kapitalisierung erfolgt anhand der in den auf der Grundlage des Art. 137 EGBGB ergangenen Ausführungsgesetzen der Länder festgelegten Kapitalisierungsfaktoren. Die derzeit anzuwendenden Faktoren ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle.
Bundesland |
Kapitalisierungsfaktor |
Baden-Württemberg § 48 AGBGB v. 26.11.1974 (GBl S. 498) |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Bayern Art. 68 AGBGB v. 20.9.1982 (GVBl S. 803); soll aber nur "vorbehaltlich der Berücksichtigung besonderer Umstände" gelten, wobei der Reinertrag nach "betriebswirtschaftlichen Grundsätzen" zu ermitteln ist. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Berlin |
|
– Westberlin Art. 83 preuß. AGBGB v. 20.9.1899 (Berl. GVBl Sb. 400–1) – anderer Vervielfältiger kann durch Verordnung bestimmt werden. |
25-facher jährlicher Reinertrag |
– Ostberlin Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung von § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Brandenburg § 31 BbgAGBGB v. 28.7.2000 (GVBl I S. 114) |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Bremen § 14 Bremisches Höfegesetz, der für Landgüter analog gelten dürfte. |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Hamburg Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Hessen § 30 Hess. AGBGB v. 18.12.1984 (Hess. GVBl S. 344) |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Mecklenburg-Vorpommern Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Niedersachsen § 28 AGBGB v. 4.3.1971 i.V.m. § 3 Abs. 2, 4 ReallastenG v. 17.5.1967 |
17-facher jährlicher Reinertrag |
Nordrhein-Westfalen Im Gebiet des ehemaligen Landes Lippe, heute Regierungsbezirk Detmold nach § 46 AGBGB v. 7.11.1899; in allen übrigen Landesteilen: nach Art. 83 des preuß. AGBGB v. 20.9.1899 – anderer Vervielfältiger kann durch Verordnung der Landesregierung bestimmt werden; Grundsätze, nach denen der Reinertrag festzustellen ist, können durch allg. Anordnung des Justizministers und des Ministers für Ernährung etc. bestimmt werden. |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Rheinland-Pfalz § 24 AGBGB v. 18.11.1976 |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Saarland § 32 AGJusG |
25-facher jährlicher Reinertrag |
Sachsen Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Sachsen-Anhalt Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Schleswig-Holstein Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Thüringen Keine landesrechtliche Regelung, daher subsidiäre Geltung des § 36 Abs. 2 S. 3 BewG. |
18-facher jährlicher Reinertrag |
Rz. 314
Der Ertragswert umfasst den Wert des gesamten Landguts, einschließlich eines dazu gehörenden, vom Betriebsinhaber bzw. seiner Familie selbst genutzten Wohnhauses. Auch betriebliche Geldbestände, Bankguthaben und betriebliche Forderungen (insbesondere aus Lieferungen und Leistungen) sind nicht gesondert anzusetzen, Gleiches gilt für die betrieblichen Verbindlichkeiten.
Rz. 315
Der Ertragswert umfasst aber nicht den Wert besonders wertvoller Teile des Landguts, die ohne eine Gefährdung seiner dauernden Lebensfähigkeit aus dem Betrieb herausgelöst werden und einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden könnten. Diese Teile sind zusätzlich...