1. Grundsätze
Rz. 52
Wie bereits oben angesprochen, haben Rechtspositionen, die nichtvermögensrechtlicher Art oder nicht vererblich sind, auf den Wert des Nachlasses keinen Einfluss. Sie bleiben daher außer Ansatz. Das gilt insbesondere für Rechtspositionen, die mit dem Tod des Erblassers automatisch – entweder von Gesetzes wegen oder aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung – erlöschen, z.B. Nießbrauchsrechte (§ 1061 S. 1 BGB), persönliche Dienstbarkeiten (§ 1090 Abs. 2 BGB) oder Wohnrechte (§ 1093 BGB). Dasselbe Schicksal teilt auch eine aufschiebend bedingt erlassene Darlehensforderung, wenn die Bedingung der Eintritt des Todes des Gläubigers (Erblassers) ist.
Rz. 53
Beruht die mangelnde Vererblichkeit jedoch auf einer unentgeltlichen rechtsgeschäftlichen Vereinbarung, wie z.B. auf dem Erlass einer Forderung auf den Erbfall, so ist der Rechtsgrund hierfür zu prüfen. Zum einen kommt in Betracht, dass bei einer Schenkung auf den Todesfall (§ 2301 BGB) eine Nachlasszugehörigkeit mangels Vollzugs der Schenkung zu bejahen ist. Anderenfalls kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB) bestehen, wenn eine Schenkung zugrunde liegt.
Rz. 54
Nicht anzusetzen sind auch solche Vermögenspositionen, die durch Rechtsgeschäft außerhalb der Erbfolge oder kraft Gesetzes auf Dritte übergehen, wie z.B.
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die aufschiebend auf den Erbfall bedingte Übertragung einer Forderung, |
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die Nachfolge in eine Personengesellschaft aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel, |
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das Eintrittsrecht in einen Mietvertrag (§ 569a BGB), |
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ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (Lebensversicherung), |
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der Anteilserwerb des überlebenden Ehegatten am Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (§ 1438 Abs. 1 S. 3 BGB). |
2. Lebensversicherungen
Rz. 55
Soweit der Erblasser als Versicherungsnehmer gegenüber der Versicherungsgesellschaft einen Bezugsberechtigten benannt hat, gehört der Anspruch auf die Versicherungsleistungen nicht zum Nachlass. Vielmehr erwirbt der Begünstigte unmittelbar einen eigenen Anspruch auf die Versicherungsleistung. Dies gilt selbst dann, wenn im Versicherungsvertrag "die Erben" als Bezugsberechtigte benannt sind. Die Art und Weise der Benennung des Bezugsberechtigten, also im Versicherungsvertrag selbst oder durch letztwillige Verfügung des Versicherungsnehmers (nach § 332 BGB), spielt für die (fehlende) Nachlasszugehörigkeit der Versicherungsleistung keine Rolle.
Rz. 56
Hatte der Erblasser die Versicherung (ganz oder teilweise) an einen Gläubiger abgetreten, fällt die spätere Versicherungsleistung (soweit die Abtretung reicht) in den Nachlass. Gleichzeitig reduzieren sich hierdurch aber auch die gesicherten (Nachlass)Verbindlichkeiten entsprechend. Soweit die Versicherungsleistung nicht von der Abtretung erfasst ist, erwirbt der Bezugsberechtigte auch hier außerhalb des Nachlasses aufgrund des Versicherungsvertrags. Diesbezüglich bestehen dann allenfalls Pflichtteilsergänzungsansprüche.
3. Vor- und Nacherbschaft
Rz. 57
Besondere Beachtung verdient das der Vor- und Nacherbschaft unterliegende Vermögen. War der Erbe zum Vorerben berufen und tritt der Nacherbfall mit seinem Ableben ein, geht das der Vor- und Nacherbschaft unterliegende Vermögen mit seinem Tod auf den Nacherben über. In der Hand des Erblassers bildet(e) es eine Art Sondervermögen, das zwar zu seinen Lebzeiten zustand, aber nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf seine Erben übergehen kann. Die Nacherbschaft fällt dem Nacherben unmittelbar an, § 2106 Abs. 1 BGB.
Zum Nachlass des Vorerben können aber sehr wohl Auskunfts-, Herausgabe- sowie Schadensersatzverpflichtungen gem. §§ 2130 ff. BGB gehören. Sie sind gegebenenfalls auch Gegenstand der später durchzuführenden Bewertung.
Rz. 58
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