Rz. 44

Eine Besonderheit durch die Einführung des Fahreignungsbewertungssystems ist sicherlich die mögliche Fehlerhaftigkeit der Übertragung der ursprünglichen Punkteeintragungen und deren Überführung in das Fahreignungsregister zum 1.5.2014. Voraussetzung ist natürlich, zunächst den "richtigen" Punktestand zum 30.4.2014 zu ermitteln und dann eine jeweilige Überführung vorzunehmen, sodann die gesetzlich vorgesehen Löschung einzustellen und dann den hernach verbliebenen Punktestand zu überprüfen.

In gleicher Weise ist denkbar, dass nach zutreffender Überführung in der Folge die Punkteeintragungen fehlerhaft sind und deren Korrektur oder Löschung begehrt wird.

1. Übertragungs- und Überführungsfehler zum 1.5.2014

 

Rz. 45

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass das Kraftfahrt Bundesamt in Flensburg die hier in Rede stehenden Register führt.[24] Im Verkehrszentralregister (VZR) und später im Fahreignungsregister werden Daten zu den im Straßenverkehr auffällig gewordenen Verkehrsteilnehmern und ihren Verstößen registriert. Gespeichert werden auch die daraus resultierenden Punkte und Fahrerlaubnismaßnahmen. Das KBA bekommt die jeweiligen Mitteilungen

von Gerichten über Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr,
von Bußgeldbehörden über Verkehrsordnungswidrigkeiten, die mit Geldbußen von mindestens 40EUR bis zum 30.4.2014 bzw. Geldbußen ab 60EUR, in der Anlage 13 zu §40 FeV benannt sind, geahndet werden, sowie schließlich
von Fahrerlaubnisbehörden, wenn eine Fahrerlaubnis versagt oder entzogen wird oder andere Maßnahmen nach dem Punktsystem oder den Bestimmungen zur Fahrerlaubnis auf Probe ergriffen werden,

übermittelt.

 

Rz. 46

Aus der Vielzahl der beteiligten Behörden und Gerichte ist bereits ersichtlich, dass Fehler bei der Übertragung von Informationen denkbar sind und gleichzeitig auch die Überführung selbst zum 1.5.2014 fehlerträchtig sein könnte.[25] Die Bearbeitungszeiten sind unterdessen in komplizierten Fällen gestiegen, die Sachbearbeiter der Behörden jedenfalls kaum "trittfest".

Auch die Vielzahl der Eintragungen ist beachtlich:

 
Im VZR registrierte Personen am 1.1.2014: 8.849.000
Im Jahr 2013 registrierte Zuwiderhandlungen:
Straftaten 282.000
Ordnungswidrigkeiten 4.203.000
Drogenverstöße (einschließlich Alkohol) 177.000
Unfallflucht 37.000
Häufigste Ordnungswidrigkeit der Männer Geschwindigkeitsüberschreitung (2.120.000 Verstöße)
Häufigste Ordnungswidrigkeit der Frauen Geschwindigkeitsüberschreitung (602.000 Verstöße)

Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt: http://www.kba.de/DE/Statistik/Kraftfahrer/Verkehrsauffaelligkeiten/verkehrsauffaelligkeiten_node.html

[24] Das KBA führt insgesamt sogar vier Zentrale Register: Das Zentrale Fahrzeugregister (ZFZR), das Zentrale Fahrerlaubnisregister (ZFER), das Verkehrszentralregister (VZR) und das das Zentrale Kontrollgerätkartenregister (ZKR).
[25] Darauf weist auch Kalus hin, wenn er das Fahreignungsbewertungssystem als Informationssystem mit Zufallsgenerator bezeichnet, VD 2015, 199 ff.

2. Mitteilung über den Punktestand

 

Rz. 47

Die Mitteilung des Kraftfahrt Bundesamtes stellt keinen Verwaltungsakt dar, der mit den üblichen verwaltungsrechtlichen Rechtsmitteln angegriffen werden könnte.[26] Deshalb ist weder eine Verpflichtungserklärung noch eine Feststellungsklage zulässig.[27] Es besteht kein Anspruch auf eine verbindliche Mitteilung des Punktestandes im Verkehrszentralregister.[28] Dies ist auch nicht etwa durch die Reform geändert worden.

 

Rz. 48

Die Eintragungen stellen an sich keine Buße dar,[29] da sie lediglich die Folge eines Verkehrsverhaltens sind. Entsprechend sind sie nicht mildernd bei der Geldbußenhöhe zu berücksichtigen.[30] Da die Eintragung selbst keinen Verwaltungsakt darstellt, ist auch ein Widerspruch gegen die Eintragung nicht möglich.[31] Auch für die Mitteilungen an das KBA gilt dasselbe, weil diese ebenso wenig anfechtbare Verwaltungsakte sind:[32] Sie entfalten für sich keine unmittelbaren Rechtswirkungen und dienen allenfalls als Tatsachengrundlage zur Vorbereitung von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden und Gerichte.

Eine Ausnahme bildet die Entscheidung des OLG Stuttgart,[33] das grundsätzlich für eine gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit von Mitteilungen der Justizbehörden an das KBA den Rechtsweg nach §23 ff. EGGVG als eröffnet ansieht, da es sich durch die Tragweite der Punkteeintragung jedenfalls um einen Justizverwaltungsakt handelt.[34] Danach ist also zunächst gegenüber dem KBA die Fehlerhaftigkeit des Eintrags schriftlich mitzuteilen – am besten unter Angabe der Gründe, die für die Fehlerhaftigkeit des Eintrags sprechen. Sollte dem Einwand kein Gehör geschenkt werden, dürfte die Korrektur des Eintrags ebenfalls nur unter den Voraussetzungen der Klage nach §§23 ff. EGGVG zu erwirken sein. Einem Antrag im Verfahren nach §§23 ff. EGGVG müssen dabei diejenigen Tatsachen, aus denen sich die Möglichkeit einer Verletzung eines Rechtes des Antragstellers ergeben soll, so vollständig und nachvollziehbar – sei es in der Antragschrift selbst, durch beigefügte Anlagen oder Verweisung auf Schriftstücke – ergeben, dass dem G...

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