Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 2
Gemäß § 1066 ZPO kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung ein Schiedsgericht installieren. Das Schiedsgericht entscheidet nach freiem Ermessen und ohne förmlichen Antrag.
I. Gegenstand des schiedsgerichtlichen Verfahrens
Rz. 3
Die Kompetenzen und Befugnisse des Schiedsgerichts entsprechen dem Gestaltungsfreiraum, den der Erblasser selbst hat. So wie der Erblasser Erben einsetzen kann, Vermächtnisse oder Auflagen verfügen kann, eine Testamentsvollstreckung anordnen kann und vieles mehr, können alle sich hieraus ergebenden Streitigkeiten Gegenstand eines schiedsgerichtlichen Verfahrens sein.
Umgekehrt können Angelegenheiten, die nicht der Verfügungsgewalt des Erblassers unterliegen auch nicht Gegenstand der Schiedsgerichtsbarkeit sein. Hierzu gehören beispielsweise pflichtteilsrechtliche Ansprüche, die Entlassung des Testamentsvollstreckers (ausschließliche Zuständigkeit des Nachlassgerichts!), sowie alle Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der BGH hat mit Urt. v. 17.5.2017 entschieden, dass die einseitige Zuweisung von Streitigkeiten über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers an ein Schiedsgericht durch den Erblasser unter Ausschluss der staatlichen Gerichtsbarkeit nicht möglich sein soll. Ein Erblasser kann durch letztwillige Verfügung zudem nicht wirksam anordnen, dass ein Streit über Ausgleichungsansprüche durch ein Schiedsgericht zu entscheiden ist, so zuletzt auch das LG Duisburg. Die Ausgleichspflichten gem. §§ 2050 ff. BGB berühren unmittelbar die Bemessungsgrundlage der Pflichtteilsansprüche für Abkömmlinge und sind daher der Verfügungsbefugnis des Erblassers entzogen. Der Pflichtteil ist gem. § 2316 BGB danach zu bemessen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht bei Teilung entfallen würde.
Das Schiedsgericht entscheidet im Streitfall über Rechtsfragen und die Rechtswirkungen einer letztwilligen Verfügung.
II. Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs
Rz. 4
Das zuständige ordentliche Gericht erklärt den Schiedsspruch gemäß § 1060 BGB für vollstreckbar. Ist ein Schiedsspruch nach § 1055 ZPO ergangen, ist dem Antrag stattzugeben.
III. Bindung des Nachlassgerichts an den Schiedsspruch
Rz. 5
Die Erben können sowohl in einem Erbscheinsverfahren als auch mittels einer zivilprozessualen Feststellungsklage ermittelt werden. Ein wesentlicher Unterschied liegt darin, dass ein Erbschein nicht in materieller Rechtskraft erwächst, eine zivilgerichtliche Entscheidung hingegen schon. Dies ist die Begründung dafür, dass das Nachlassgericht nach herrschender Meinung an das Urteil eines Zivilgerichts gebunden ist. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn die Protagonisten des Erbscheinsverfahrens mit den Parteien des Zivilprozesses identisch sind. Wegen des Gleichstellungsgrundsatzes ist somit auch der Schiedsspruch für das Nachlassgericht verbindlich.
Das Schiedsgericht kann auch über den Einzug eines unrichtigen Erbscheins mitentscheiden. Entscheidet das Schiedsgericht sowohl über die Feststellung des Erben als auch über die Herausgabe des Erbscheins, stellt dies eine Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO dar. Zieht das Nachlassgericht einen vom Schiedsspruch abweichenden Erbschein nicht ein, kann der vom Schiedsgericht festgestellte Erbe die Herausgabe des unrichtigen Erbscheins verlangen.
IV. Schiedsklausel als Auflage
Rz. 6
Es stellt sich die Frage nach der Rechtsnatur der Schiedsgerichtsklausel. Diese Frage ist nicht nur akademischer Natur. Von Bedeutung wird das Problem bei der Frage, ob eine Schiedsklausel mit bindender Wirkung nach § 2278 Abs. 2 BGB angeordnet werden kann. Dies wäre nur als Auflage möglich. J. Mayer und Nieder bejahen die Möglichkeit eine Schiedsklausel als Auflage anzuordnen. Die herrschende Meinung erkennt diese Möglichkeit aber nicht an. Eine obergerichtliche Entscheidung zu diesem Problemkreis liegt noch nicht vor.
Formulierungsbeispiel 1
Im Wege der Auflage verpflichte ich alle Erben, Vermächtnisnehmer und Auflagenbegünstigten, für Streitigkeiten, welche durch die vorliegende letztwillige Verfügung verursacht werden und ihren Grund in dem vorliegenden Erbfall haben und/oder im Zusammenhang mit der letztwilligen Verfügung oder ihrer Ausführung stehen, sich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte dem Schiedsgericht für Erbstreitigkeiten, welches vom Netzwerk Deutscher Erbrechtsexperten eingerichtet ist, und der von diesem Verein zugrunde gelegten Schiedsordnung zu unterwerfen.
Formulierungsbeispiel 2
Für alle Streitigkeiten, die ihren Grund in meinem Ableben haben, im Zusammenhang stehen mit meinem Testament vom (…) sowie in d...