1. Schadenbestimmung
Rz. 20
Wird die zu erwartende Ernte durch Handlungen Dritter beeinträchtigt (neben Verletzung des Landwirtes auch z.B. Spritzschaden), ist aus der nicht mehr einzubringenden Ernte resultierender Gewinnausfall zu ersetzen. Dabei wird im Rahmen der Ausfallermittlung die MwSt positiv und negativ (im Rahmen des Vorteilsausgleiches) als Rechenposition mit einbezogen.
Rz. 21
Bei Landwirten ist der Verdienstausfall nicht abstrakt, sondern konkret zu ermitteln. Der konkret entgangene Hofertrag wird regelmäßig unter Beiziehung eines Sachverständigen zu ermitteln sein, der auch die parallelen konjunkturellen und klimatischen Entwicklungen mit einzubeziehen hat. Als Hofertrag ist der Reinertrag, gekürzt um Betriebskosten, Steuern, Abgaben und Investitionskosten, anzusetzen.
Rz. 22
Im Regelfall werden landwirtschaftliche Betriebe nach Durchschnittssätzen besteuert (pauschalierender Betrieb, § 24 UStG). Die Vorsteuer aus erhaltenen Rechnungen können diese Landwirte allerdings nicht geltend machen, so dass Schadenersatzbeträge inklusive Mehrwertsteuer zu erstatten sind (siehe § 18 Rn 81). Ein Landwirt kann allerdings von einem Jahr auf das andere zur Regelbesteuerung wechseln (optierender Betrieb, § 15a UStG); die Option führt zu einer anteiligen Mehrwertsteuerberücksichtigung und -erstattung u.U. auch für bereits erhaltene Schadenersatzleistungen. Bei nachträglicher Optierung hat der Landwirt dann die anteilige Mehrwertsteuererstattung an den Schadenersatzleistenden zurückzuzahlen, da er entsprechend um die anteilige Mehrwertsteuer bereichert ist.
Rz. 23
Nicht zu ersetzen sind fiktive Gehaltskosten eines Landwirtschaftsmeisters.
Rz. 24
Die Mitwirkung der landwirtschaftlichen Hausfrau in einem landwirtschaftlichen Betrieb ist unter dem Aspekt des Verdienstausfalles zu würdigen.
Rz. 25
Wird der Hof durch Familienmitglieder oder landwirtschaftliche Hilfskräfte bewirtschaftet, sind deren Kosten unter Einbeziehung insbesondere der steuerlichen Vorteile zu ersetzen.
2. Landwirtschaftliche Sozialversorgung
Rz. 26
Häufig greift auch die landwirtschaftliche Sozialversicherung (Alterskasse, Berufsgenossenschaft, Krankenkasse) mit auf den Schaden des unmittelbar Verletzten anzurechnenden Leistungen ein. Seit dem 1.1.2013 ist die "Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" (SVLFG) als Verbundträger Nachfolger der früher eigenständigen regionalen landwirtschaftlichen Sozialversicherung.
Rz. 27
Das gilt auch für Nebenerwerbslandwirte.
a) Landwirtschaftliche Krankenversorgung
Rz. 28
Für die landwirtschaftliche Krankenversicherung gilt neben dem SGB V auch das "2. Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989)".
Rz. 29
Landwirtschaftliche Unternehmer (unabhängig von Hofgröße und Einkommen), ihre mitarbeitenden Familienangehörigen (§ 7 KVLG 1989) und Altenteiler sind pflichtversichert, § 5 I Nr. 3 SGB V, § 2 KVLG 1989. Nicht versichert ist (§ 3 KVLG 1989) u.a. derjenige, der bereits nach anderweitigen Vorschriften versicherungspflichtig ist (z.B. Nebenerwerbslandwirt). §§ 4, 5 KVLG 1989 sehen Befreiungsmöglichkeiten von der Pflichtversicherung vor.
Rz. 30
Schwerpunktmäßig dient die Sozialversorgung der Aufrechterhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes, vor allem durch den Einsatz von Betriebshelfern. Als Betriebshilfe (§ 9 KVLG 1989) ist eine Ersatzkraft zu stellen, u.U. sind die Kosten einer selbst beschafften betriebsfremden Ersatzkraft in angemessener Höhe zu erstatten, § 11 KVLG 1989.
Rz. 31
Krankengeld wird (anders als in der gesetzlichen Krankenversicherung nach SGB V) gemäß § 8 II KVLG 1989 nur in den Fällen der §§ 12, 13 KVLG 1989 gewährt (für mitarbeitende Familienangehörige). Der nach § 2 KVLG 1989 versicherungspflichtige Unternehmer erhält anstelle des Krankengeldes Betriebshilfe, aber nur während einer stationären Behandlung oder Kur; darüber hinaus nur, wenn die Satzung die Gewährung auch für den Fall bestimmt, dass die Bewirtschaftung des Unternehmens gefährdet ist, § 9 III KVLG 1989. Die Satzung kann Erweiterungen der Gewährungsvoraussetzungen vorsehen (§ 9 III, IV KVLG 1989).
Rz. 32
Anspruch auf Haushaltshilfe (§ 10 KVLG 1989) besteht, wenn dem Versicherten (ebenso seinem Ehegatten oder einem mit der Haushaltsführung ständig betrauten Familienangehörigen) wegen Krankheit oder Kur die Haushaltsführung nicht möglich ist und diese auch nicht anderweitig sicherzustellen ist. Als Haushaltshilfe ist eine Ersatzkraft zu stellen; u.U. sind die Kosten einer selbst beschafften betriebsfremden Ersatzkraft in angemessener Höhe (siehe dazu § 8 Rn 130) zu erstat...