Rz. 400

Die Krankenkasse erbringt dem verletzten Arbeitnehmer gegenüber keine Leistungen. Der Ersatzpflichtige hat den nach § 6 I EFZG übergehenden Anspruch mit zwei Anspruchstellern abzuwickeln.[357] Die Praxis zeigt, dass ein Regress nehmender Arbeitgeber die Leistung der Krankenkasse nach LFZG/AAG nicht immer unaufgefordert von seiner Schadenersatzforderung absetzt. Eine Nachfrage empfiehlt sich daher in aller Regel.

 

Rz. 401

Forderungsübergang bei §§ 10, 12 LFZG, §§ 1 f., 5 AAG

[357] BGH v. 19.3.1985 – VI ZR 163/83 – BG 1986, 404 = LM Nr. 135 zu § 1542 RVO = MDR 1986, 136 = NJW 1985, 2194 (nur Ls.) = r+s 1985, 199 (nur Ls.) = VersR 1985, 732 = zfs 1985, 299 (Verletzter kann Krankenkasse ermächtigen, im Wege der Prozessstandschaft die Ersatzpflicht des Schädigers für den Verdienstausfallschaden insoweit feststellen zu lassen, als die Krankenkasse wegen ihrer Erstattungspflicht nach § 10 LFZG ein rechtliches Interesse hieran hat).

1. Erstattungsverfahren

a) Bis 31.12.2005: §§ 10 ff. LFZG

 

Rz. 402

Arbeitgeber, die regelmäßig nicht mehr als 20 Arbeitnehmer (ohne Auszubildende) beschäftigten, hatten einen Erstattungsanspruch i.H.v. 70 – 80 % des an ihre Arbeiter und Auszubildenden (nicht: Angestellten[358]) fortgezahlten Entgeltes nebst der Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung (§ 10 I Nr. 3 LFZG) gegen die zuständige "RVO"-Krankenkasse (§ 10 I, III LFZG: AOK, IKK, Bundesknappschaft oder Seekasse) Zug um Zug gegen Abtretung der auf sie übergegangenen Schadenersatzansprüche (§ 12 LFZG). Die §§ 10 ff. LFZG galten neben dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) weiter, Art. 60 PflegeVG.

 

Rz. 403

Die Satzung konnte vorsehen, dass auch Arbeitgeber mit bis zu 30 Beschäftigten am Umlageverfahren teilnehmen dürfen (§ 16 II 4 LFZG). Im Regelfall hatten Arbeitgeber ein eigenwirtschaftliches Interesse, am Umlageverfahren nach §§ 10 ff. LFZG teilzunehmen, bis zu einer Beschäftigtenzahl von 20 Arbeitnehmern bestand sogar Pflichtmitgliedschaft.

[358] BSG v. 20.4.1999 – B 1 KR 1/97 R – SGb 1999, 350 = Zeitschrift f. Sozialrecht 1999, 185 (Kein Anspruch einer Anwaltskanzlei mit weniger als 20 angestellten Mitarbeitern auf Teilnahme am Umlageverfahren gegen die Kosten der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall [Lohnausgleichskasse]).

b) Ab 1.1.2006: AAG

 

Rz. 404

 

§ 1 AAG – Erstattungsanspruch

(1) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen erstatten den Arbeitgebern, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, 80 Prozent

1. des für den in § 3 Abs. 1 und 2 und den in § 9 Abs. 1 EFZG bezeichneten Zeitraum an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fortgezahlten Arbeitsentgelts,
2. der auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 1 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und der Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach § 172 Abs. 2 SGB VI sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 SGB V und nach § 61 SGB XI.

(2) Die Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaftlichen Krankenkassen erstatten den Arbeitgebern in vollem Umfang

1. den vom Arbeitgeber nach § 14 Abs. 1 des Mutterschutzgesetzes gezahlten Zuschuss zum Mutterschaftsgeld,
2. das vom Arbeitgeber nach § 11 des Mutterschutzgesetzes bei Beschäftigungsverboten gezahlte Arbeitsentgelt,
3. die auf die Arbeitsentgelte nach der Nummer 2 entfallenden von den Arbeitgebern zu tragenden Beiträge zur Bundesagentur für Arbeit und die Arbeitgeberanteile an Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und nach § 172 Abs. 2 SGB VI sowie der Beitragszuschüsse nach § 257 SGB V und nach § 61 SGB XI.

(3) Am Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen nach den Absätzen 1 (U1-Verfahren) und 2 (U2-Verfahren) nehmen auch die Arbeitgeber teil, die nur Auszubildende beschäftigen.

§ 5 AAG – Abtretung

Ist auf den Arbeitgeber ein Anspruch auf Schadenersatz nach § 6 EFZG übergegangen, so ist die Krankenkasse zur Erstattung nur verpflichtet, wenn der Arbeitgeber den auf ihn übergegangenen Anspruch bis zur anteiligen Höhe des Erstattungsbetrags an die Krankenkasse abtritt.

 

Rz. 405

Die §§ 10 ff. LFZG galten gemäß Art. 60 PflegeVG neben dem EFZG bis zum 31.12.2005 weiter und wurden erst durch Art. 4 des Gesetzes über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze[359] zum 31.12.2005 aufgehoben.

 

Rz. 406

Das LFZG (nicht jedoch das EFZG) und die Vorschriften der Lohnfortzahlung bei Mutterschaft werden durch das Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)[360] zum 1.1.2006 in Beachtung einer Entscheidung des BVerfG[361] fortgeführt. Das Gesetz differenziert (§ 1 III AAG) zwischen U1-Verfahren (Lohnfortzahlung, § 1 I AAG) und U2-Verfahren (Leistungen nach § 14 I MuSchG, § 1 II AAG).

[359] Gesetz über den Ausgleich von Arbeitgeberaufwendungen und zur Änderung weiterer Gesetze v. 30.12.2005 BGBl I 2005, 3686.
[360] Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (Aufwendun...

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