1. Allgemeines
Rz. 2
In Eigentümergemeinschaften besteht häufig das Bedürfnis, einzelnen Eigentümern die ausschließliche Nutzung von Grundstücks- oder Gebäudeteilen, die nicht Sondereigentum sind und oftmals gar nicht sein können, zu ermöglichen. So sind die konstruktiven und konstitutiven Teile des Gebäudes nicht sondereigentumsfähig (§§ 1 Abs. 5, 5 Abs. 1 und 2 WEG). Die Bildung von Sondereigentum setzt im Übrigen räumliche Abgeschlossenheit (§ 3 Abs. 3 WEG) oder die Ausweisung im Aufteilungsplan voraus, etwa im Hinblick auf Kellerräume, Stellplätze oder Außenflächen (§ 3 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 WEG). Eine Lösung hierfür bieten Sondernutzungsrechte (vgl. § 1 Rdn 51 ff.). Sondernutzungsrechte werden durch eine Vereinbarung der Eigentümer untereinander begründet, diese Vereinbarung wirkt mit Eintragung im Grundbuch gegenüber Rechtsnachfolgern (§ 10 Abs. 3 S. 1 WEG). Das derart in die Grundbücher eingetragene Sondernutzungsrecht ist weder ein dingliches noch ein grundstücksgleiches Recht, sondern ein schuldrechtliches Gebrauchsrecht, das mit der Eintragung im Grundbuch eine Inhaltsänderung aller Wohnungseigentumsrechte bewirkt. Es besteht aus einer negativen Komponente, nämlich dem Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer von der Nutzung, und einer positiven Komponente, nämlich der zugewiesenen alleinigen Nutzung durch den Berechtigten. Die Zulässigkeit von Sondernutzungsrechten ist im Gesetz selbst anerkannt, wie § 5 Abs. 4 S. 2 WEG belegt. Aus den vorgenannten Gründen besteht auch nach der WEG-Reform 2020 ein großes Bedürfnis für die Gestaltung von Sondernutzungsrechten.
2. Berechtigte
Rz. 3
Das Sondernutzungsrecht wird gewöhnlich einzelnen Einheiten zugeordnet. Möglich ist aber auch eine persönliche Berechtigung. Berechtigt können nur Miteigentümer sein. Das Sondernutzungsrecht kann aber zugunsten eines Miteigentumsanteils an einem Sondereigentum begründet werden, etwa im Fall von Duplexparkanlagen. Es muss sich nicht um eine ausschließliche individuelle Einzelberechtigung handeln. Zulässig sind auch gemeinschaftliche Sondernutzungsrechte zugunsten eines Teiles der Miteigentümer, z.B. Gruppensondernutzungsrechte. Diese können alternierende Berechtigungen sowie zeitlich, sachlich, inhaltlich oder sonst ausgestaltete Befugnisse sein, die über den allgemeinen Mitgebrauch hinausgehen.
3. Bestimmtheit
Rz. 4
Sondernutzungsrechte müssen sowohl bei der Begründung als auch bei späteren Weiterveräußerungen bestimmbar sein. Dies setzt in der Regel Plananlagen mit eindeutiger Abgrenzung voraus. Dabei kann auch ein besonderer Plan zur Darstellung der Sondernutzungsrechte verwendet werden, diese müssen nicht in den Aufteilungsplänen enthalten sein. Verbale Beschreibungen eines vorhandenen Bauzustandes können zwar ausreichend sein, von ihnen allein ist aber dringend abzuraten.
4. Nutzungsbefugnisse, insbesondere Stellplätze
Rz. 5
Mit einem Sondernutzungsrecht sind anders als im Falle des Sondereigentums keine Befugnisse nach freiem "Belieben" (§ 13 Abs. 1 WEG) verbunden. Sie können sich zwar der Alleineigentümerstellung annähern, aber auch in vielfacher Hinsicht beschränkt sein. Schweigt die Gemeinschaftsordnung, gibt es keine Vermutung in Richtung "Belieben". Insofern kommt es stets auf die Auslegung der Gemeinschaftsordnung nach grundbuchrechtlichen Grundsätzen an. Ein typisches Beispiel ist die Zuweisung einer Fläche als "Kfz-Stellplatz". Auch ohne entsprechende Regelungen in der Musterformulierung wäre das Abstellen von Gerümpel unzulässig, grenzwertig das längerfristige Abstellen eines nicht zugelassenen Fahrzeuges und unzulässig das Abstellen eines Totalschadenwracks – es ist kein Kraftfahrzeug mehr. Daher ist bei der Formulierung des Sondernutzungsrechts eine positive und ggf. auch negative Beschreibung der Nutzungsbefugnisse wichtig. Dabei sollten auch Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten bezüglich der betroffenen Fläche sowie die Kosten hierfür auf den Sondernutzungsberechtigten verlagert werden, wenn solche zu erwarten sind und sie nicht ausnahmsweise bei der Gemeinschaft verbleiben sollen.
Praxistipp
Bei jeder Sondernutzung ist besonderes Augenmerk auf eine klare und präzise Definition der Nutzungsbefugnisse zu legen.