Rz. 1

Allgemein versteht man unter einem Fußgängerunfall jeden Körperkontakt einer Person mit unbewegten oder bewegten Objekten/Hindernissen. Im Straßenverkehrsgeschehen werden Fußgänger oftmals frontal von Pkw, Lkw etc. erfasst. In der weiteren Folge werden sie dann vom gegnerischen Kfz weggeschleudert, bei hoch aufbauenden Kfz auch durchaus (in Abhängigkeit der Geschwindigkeit) überrollt.

 

Rz. 2

Bei der Rekonstruktion eines Fußgängerunfalls können vom technischen Sachverständigen diverse Parameter ausgewertet werden, die allerdings nicht immer in sehr engen Grenzen fassbar sind. Deswegen bietet es sich an, zur Lösung eines solchen Falles die jeweiligen Parameterbandbreiten zum Schnitt zu bringen, also eine sog. Schnittmenge zu bilden.

 

Rz. 3

Wird eine erwachsene Person von einem Pkw erfasst, so wird sie entgegen landläufiger Meinung in der Regel nicht überfahren, sondern auf den Fahrzeugvorbau aufgeschöpft und dann, wenn der Pkw (was in aller Regel der Fall ist) von seinem Fahrzeugführer abgebremst wird, vom Pkw wieder nach vorne abgeworfen, Abb. 5.1.

Abb. 5.1

In der ganz linken Skizze erfasst der Pkw die dazu quer orientierte Person, die unterhalb des Schwerpunktes (etwa in Hüfthöhe) getroffen wird. Folglich schöpft der Fahrzeugvorbau die massenmäßig deutlich unterlegene Person auf, so dass es nicht selten zu einem Kopfanstoß im oberen Bereich der Motorhaube, an der Windschutzscheibe oder sogar der Dachpartie (je nach Anstoßgeschwindigkeit des Pkw) kommt. Wird in dieser Phase der Pkw stark verzögert, so bleibt er in weiterer Folge hinter der getroffenen Person zurück, die dann nach vorne wegbeschleunigt wird und irgendwo auf der Straße aufschlägt.

In der mit a beschriebenen Position erfolgt der Erstkontakt, d.h. hier entstehen üblicherweise die Primärverletzungen beim Fußgänger (überwiegend im Bereich der unteren Extremitäten und beginnend im Hüftbereich).

Am maximalen Aufschöpfpunkt b erfolgt der Schulter-/Kopfaufprall mit den resultierenden Sekundärverletzungen. Nach der Trennung, Position c, wird der Fußgänger nach vorne abgeworfen und kann z.B. an der Position d Aufschlagverletzungen auf der Straße erleiden. Von hier aus rutscht die Person dann über die Position e bis zur endgültigen Endlage f.

Solchermaßen kann man den typischen Fußgängerunfall in mehrere Phasen unterteilen, nämlich einmal die Kontaktphase (a – b), dann die reine Flugphase (c – d) und die anschließende Verzögerungs- oder Rutschphase auf dem Untergrund (e – f).

 

Rz. 4

Für den Unfallanalytiker vergleichsweise bedeutsam ist die vom Fußgänger zurückgelegte Gesamtstrecke vom Erstkontaktpunkt a bis zur späteren Endlage f – sie wird als Wurfweite bezeichnet. Es leuchtet ein, dass mit zunehmender Anstoßgeschwindigkeit die Wurfweite zunehmen wird, wobei es allerdings im Hochgeschwindigkeitsbereich Einschränkungen geben kann; die getroffenen Personen "überfliegen" nicht selten den Pkw und kommen dann durchaus hinter diesem zur Endlage.

 
Quelle: www.crashtest-service.com

Wie eine typische Pkw-Fußgänger-Kollision in der Realität aussieht, kann exemplarisch durch die Abb. 5.2a – f respektive Abb. 5.3a – f gezeigt werden.

Hier erfasste ein VW Passat mit einem Tempo von 39,5 km/h (Lichtschrankenwert) einen unter 90° quer dazu orientierten sog. (Hybrid I-)Dummy. In der Seitenansicht, Abb. 5.2 b, erkennt man, wie der Dummy erstmals im Bereich der unteren Extremitäten (linker Kniebereich) getroffen wird. Der Dummy knickt dann entsprechend der Anfahrrichtung des Pkw (von links) um und schlägt, Abb. 5.2c, zunächst mit dem Oberschenkel-/Hüftbereich auf die Motorhaube und wird sodann von dieser aufgeschöpft. In Abb. 5.2d schlägt der Dummy-Kopf im unteren Windschutzscheiben- bzw. oberen Motorhaubenbereich auf. Gut zu sehen ist die erhebliche Druckbeaufschlagung des (im Übrigen stark abgebremsten) Pkw. Solchermaßen löst sich der Dummy in den Abb. 5.2e/f vom Fahrzeugvorbau und fliegt nach vorne in Richtung Endlage ab.

 

Rz. 5

 

Abb. 5.3g

Quelle: www.crashtest-service.com

In frontaler Ansicht ist der Unfallablauf in den Abb. 5.3a – f wieder­gegeben. Hier erkennt man zum Zeitpunkt des Aufschöpfbeginns, etwa 0,1 s nach dem Erstkontakt (Abb. 5.3b) die starke Streckung des Dummy-Körpers – die Belastung der unteren Extremitäten ist ­abgeschlossen. Ein Bild später, Abb. 5.3c, ist die maximale Vor­derwagenbelastung des stark abgebremsten VW Passat gut ersichtlich – würde das Kfz hier eine Bremsspur zeichnen, so würde sich in diesem Bereich (Vorderradposition) eine Anomalie oder eine Spurverstärkung ergeben; hie­rauf wird später (siehe Rn 11) ausführlicher eingegangen. In weiterer Folge, Abb. 5.3d/e, löst sich der Dummy schräg vom Pkw und schlägt auf die Fahrbahn auf, gleichbedeutend mit der Position Abb. 5.3d. An diesen Fahrbahnkontakt schließt sich die Rutschphase, Abb. 5.3f, an.

 

Rz. 6

Abb. 5.4

In der Draufsicht gestaltet sich also das Ergebnis einer Pkw-Fußgänger-Kollision ähnlich Abb. 5.4. Der am vorderen rechten VW-Bereich getroffene Dummy bzw. Fußgänger wird in Fahrtrichtung des ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?