Rz. 14
Für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG sind die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 1589 ff. BGB über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend, wonach zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen Vater unterschieden wird: Nur der rechtliche Vater hat gegenüber dem Kind Pflichten, wie etwa zur Zahlung von Unterhalt. Ferner ist das Kind nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Nach dem BFH findet daher beim Erwerb eines Kindes vom biologischen Vater nicht Steuerklasse I, sondern (nur) Steuerklasse III Anwendung.
Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurden eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht den Ehegatten völlig gleichgestellt und werden wie Ehegatten in § 15 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der Steuerklasse I zugeordnet. Es steht insbesondere der gleiche Freibetrag wie Ehegatten zur Verfügung. Wurde die Lebenspartnerschaft aufgehoben, gilt für den ehemaligen Lebenspartner – wie für den geschiedenen Ehegatten – die Steuerklasse II, § 15 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG.
Insbesondere in den vermehrt auftretenden "Patchwork Familien" greift die Steuerklasse I auch für Stiefkinder des Schenkers bzw. Erblassers. Stiefkinder sind die leiblichen Abkömmlinge des Ehegatten. Die steuerliche Privilegierung eines Stiefkindes fällt nach Beendigung der die Stiefkindeigenschaft begründeten Ehe nicht weg.
Insbesondere wegen der Generierung des hohen Freibetrags kann eine Adoption aus steuerlichen Gründen zu erheblichen steuerlichen Entlastungen führen (siehe § 19 Rdn 1 ff.>).
Rz. 15
Der Freibetrag je Enkelkind beträgt bei Steuerklasse I 200.000 EUR. Auch Stiefenkelkindern, d.h. Kindern von Stiefkindern i.S.d. ErbStG, kommt der Freibetrag zugute. Ist ein leibliches Kind oder ein Stiefkind zum Zeitpunkt des Erbfalls oder der Schenkung bereits vorverstorben, besteht gegenüber den Enkelkindern ein Freibetrag i.H.v. 400.000 EUR. Dieser Freibetrag wird nicht unter mehreren Enkelkindern aufgeteilt, sondern steht im Verhältnis zu jedem Enkelkind in voller Höhe zur Verfügung.
Rz. 16
Ein Wegfall des eigenen Kindes im Rahmen der Erbfolge aus anderen Gründen als einem Vorversterben führt nicht zu einer Erhöhung des Freibetrags der Enkelkinder Das gilt insbesondere für eine Ausschlagung, so dass dann nur 200.000 EUR je annehmendem Enkelkind zur Verfügung steht.
Nach dem BFH steht Urenkeln der Freibetrag von 100.000 EUR nach § 16 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG und nicht 200.000 EUR zu, wenn Eltern und Großeltern noch nicht vorverstorben sind. Der Begriff "Kinder" in § 16 Abs. 1 ErbStG meint Kinder und nicht Kindeskinder oder weitere Abkömmlinge.
Rz. 17
In der Praxis ist aus schenkung- und erbschaftsteuerlicher Sicht immer wieder problematisch der geringe Freibetrag zwischen Geschwistern und insbesondere zwischen Abkömmlingen ersten Grades von Geschwistern, mithin im Verhältnis zu Nichten und Neffen. Dieser beträgt bei Steuerklasse II nur 20.000 EUR. Gerade kinderlose Paare und Ledige sind hiervon betroffen. Um in diesen Konstellationen bei höheren Vermögen eine nicht selten erhebliche Steuerbelastung zu vermeiden bzw. zu vermindern, bleibt als letztes Mittel in der Regel nur eine Adoption von Nichte bzw. Neffe (siehe § 19 Rdn 1 ff.>). Auch Schwiegerkinder fallen in diese Gruppe, was u.a. Motiv einer sog. Kettenschenkung sein kann (siehe § 1 Rdn 157 ff.>).