Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 1
Die Erbschaftsteuer gehört zu den sog. Bagatellsteuern. Bei einem Gesamtsteueraufkommen im Jahr 2019 von rund 799,39 Mrd. EUR betrug das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer mit 6,99 Mrd. EUR weniger als 1 % des Gesamtsteueraufkommens. Dennoch sind die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer von ca. 1,5 Mrd. EUR im Jahr 1999 kontinuierlich auf 6,99 Mrd. EUR im Jahr 2019 gestiegen. Dieser Trend soll nach Schätzungen auch in den nächsten Jahren anhalten. Zudem trägt die Erbschaftsteuer als Ländersteuer nicht unerheblich zum Gesamtsteueraufkommen der Länder bei.
Rz. 2
Die Besteuerung von Erbfällen und Schenkungen ist im deutschen Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) geregelt. Die Auffassung der Finanzverwaltung ist zudem in den umfangreichen Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR) und zahlreichen Erlassen dargelegt.
Rz. 3
Mit Beschl. v. 7.11.2006 hatte das BVerfG das bis zum 31.12.2008 geltende Erbschaftsteuerrecht, vornehmlich aufgrund der unterschiedlichen Bewertungsansätze von Betriebs-, Grund- und Kapitalvermögen, für verfassungswidrig erklärt, da es nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren sei. Daraufhin trat am 1.1.2009 das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts in Kraft, das allerdings schon bald erneut auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand genommen wurde. Das daraufhin ergangene Urteil des BVerfG vom 27.11.2014 stellte zwar klar, dass das grundsätzliche Verschonungskonzept für Produktivvermögen mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Nichtsdestotrotz war der Gesetzgeber erneut aufgerufen, im Detail nachzuarbeiten. Auch die Änderungen des ErbStG durch das erst im November 2016 verabschiedete, aber mit Rückwirkung auf den 1.7.2016 in Kraft getretene "Gesetz zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts" (nachfolgend: ErbStG 2016) werfen – nach wie vor – eine Vielzahl neuer Fragen auf. Dies gilt insbesondere für die Detailregelungen in den neu gefassten §§ 13a ff. ErbStG. Dessen ungeachtet wurde das Gesetz seitdem erneut geändert, nämlich durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften sowie zuletzt durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2020.
Rz. 4
Die Erbschaftsteuer knüpft an die Übertragung von Vermögen (Erwerb von Todes wegen; Schenkung unter Lebenden) an, deswegen ist sie eine Verkehrsteuer. Sie ist jedoch nicht als Nachlasssteuer ausgestaltet, sondern als Erbanfallsteuer (die Bereicherung des Erwerbers wird besteuert). Da die Bereicherung des Erwerbers die Bemessungsgrundlage darstellt (unabhängig vom Ertrag dieses Vermögens), ist die Erbschaftsteuer eine Substanzsteuer. Die durch den unentgeltlichen Erwerb vermittelte Leistungsfähigkeit einer Person wird durch sie erfasst und somit ist sie auch eine Personensteuer. Folglich unterliegt mehrfach vererbtes Vermögen auch mehrfach der Besteuerung. Das Erbschaftsteuergesetz ist in die fünf folgenden Abschnitte unterteilt:
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Abschnitt I: Steuerpflicht |
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Abschnitt II: Wertermittlung |
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Abschnitt III: Berechnung der Steuer |
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Abschnitt IV: Steuerfestsetzung und Erhebung |
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Abschnitt V: Ermächtigungs- und Schlussvorschriften |
Die hauptsächlichen Änderungen durch die Erbschaftsteuerreform 2016 betrafen den Abschnitt III, insbesondere die Verschonungsregelungen für sog. Produktivvermögen (§§ 13a ff. ErbStG).
Rz. 5
Das Verwandtschaftsverhältnis des Erwerbers zum Erblasser bzw. Schenker hat Einfluss auf die Steuerklasse, welche wiederum zum einen Bedeutung für den persönlichen Freibetrag und somit die Bemessungsgrundlage hat. Zum anderen bestimmt sich auch der Steuertarif nach der Steuerklasse und diese ist somit letztendlich für die Höhe der Steuerschuld von entscheidender Bedeutung.