Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 60
Für die Übertragung von begünstigten Unternehmensvermögen sind folgende Begünstigungen vorgesehen:
Für den Verschonungsabschlag sind zwei Varianten vorgesehen.
Die Begünstigung wird durch Abschläge von der steuerlichen Bemessungsgrundlage erreicht. Vom festgestellten steuerlichen Wert des begünstigten Produktivvermögens (§ 13b Abs. 2 ErbStG) wird ein sog. Verschonungsabschlag (und ggf. zusätzlich vom verbleibenden Wert der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG) abgezogen.
Rz. 61
Verwaltungsvermögen ist – abgesehen vom unschädlichen Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 7 ErbStG – nach dem seit 1.7.2016 geltenden ErbStG prinzipiell nicht (mehr) begünstigt. Soweit der Unternehmens- bzw. Anteilswert hierauf entfällt, bleibt er von allen Verschonungen ausgenommen.
Außerdem wurde mit dem ErbStG 2016 in § 13a Abs. 1 ErbStG ein Größenkriterium eingeführt, dem zufolge begünstigte Erwerbe nur dann in den uneingeschränkten Anwendungsbereich der Verschonungsregelungen fallen, wenn sie einen Wert von 26 Mio. EUR nicht überschreiten.
Soweit die Begünstigungsvoraussetzungen vorliegen, wird auf das begünstigte Betriebsvermögen im Rahmen der Regelverschonung ein sog. Verschonungsabschlag i.H.v. 85 v.H. vorgenommen. Damit unterliegen im Zeitpunkt der Übertragung mindestens 15 v.H. des Werts des begünstigten Unternehmensvermögens der Erbschaftsteuer. Die Gewährung des Verschonungsabschlags ist an mehrere Bedingungen geknüpft: Die Einhaltung der sog. Mindestlohnsumme (§ 13a Abs. 3 ErbStG) über fünf Jahre sowie die Einhaltung der fünfjährigen Behaltensvoraussetzungen (§ 13a Abs. 1, Abs. 6 ErbStG).
Rz. 62
Alternativ kann auf Antrag im Rahmen der Optionsverschonung ein Verschonungsabschlag i.H.v. 100 v.H. in Anspruch genommen werden (§ 13a Abs. 1 i.V.m. Abs. 10 ErbStG). Voraussetzung ist die Einhaltung einer erhöhten Mindestlohnsumme über sieben Jahre sowie die Einhaltung einer siebenjährigen Behaltensfrist.
Rz. 63
Auf den steuerpflichtigen Teil des begünstigten Betriebsvermögens wird ein Abzugsbetrag gewährt. Soweit der verbleibende Vermögensteil 150.000 EUR nicht übersteigt, soll er für die Berechnung der Erbschaftsteuer außer Ansatz bleiben (§ 13a Abs. 2 ErbStG). Zudem besteht für Stpfl. der Steuerklassen II und III (wenn sie natürliche Personen sind) ein Steuerklassenprivileg nach § 19a ErbStG.
a) Größenkriterium
aa) Bedeutung der Wertgrenze des § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG
Rz. 64
Im Hinblick auf entsprechende verfassungsgerichtliche Vorgaben ist (seit dem ErbStG 2016) in § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG eine absolute Erwerbsgrenze von 26 Mio. EUR für die Gewährung des Verschonungsabschlags im Gesetz geregelt. Außerdem besteht für die Beurteilung der sich im Falle des Überschreitens dieser Grenze ergebenden Rechtsfolgen eine weitere Prüfschwelle von 90 Mio. EUR. Je nach festzustellendem Wert des Erwerbs ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen, die der Steuerpflichtige (jedenfalls im Bereich von nicht mehr als 90 Mio. EUR) durch die Ausübung ihm zustehender Wahlrechte erheblich beeinflussen kann.
Rz. 65
Maßgeblich für die jeweiligen Größenklassen ist nicht die Größe des betroffenen Unternehmens, sondern vielmehr der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens.
Im Bereich von Erwerben, die die Grenze von 26 Mio. EUR nicht überschreiten, folgt das Verschonungsregime dem mit dem ErbStG 2009 eingeführten Konzept (85 % Regelverschonung mit Wahlrecht zur 100 % Vollverschonung).
Für Erwerbe, deren Wert zwar 26 Mio. EUR übersteigt, aber nicht über 90 Mio. EUR liegt, besteht zugunsten des Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, ob ein (entsprechend dem Umfang, in dem die Schwelle von 26 Mio. EUR überschritten ist) abgeschmolzener Verschonungsabschlag oder ein (teilweiser) Steuererlass auf der Grundlage der angesprochenen Verschonungsbedarfsprüfung in Anspruch genommen werden soll.
Liegt der für die Prüfung maßgebliche Wert des Erwerbs über 90 Mio. EUR, kommt eine Verschonung in Form eines (teilweisen) Steuererlasses nur auf der Grundlage einer (positiven) Verschonungsbedarfsprüfung in Betracht (vgl. unten Rdn 201 ff.).
bb) Prüfung der Wertgrenze
Rz. 66
Maßgeblich für die Beurteilung der Wertgrenze ist das "Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2". Das ist das um das schädliche Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 bis 9 ErbStG) geminderte begünstigungsfähige Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 ErbStG (vgl. hierzu unten Rdn 143 ff.). Allerdings regelt § 13a Abs. 9 ErbStG einen zusätzlichen Wertabschlag für (typische) Familienunternehmen, der noch vor Anwendung von § 13a Abs. 1 ErbStG zu berücksichtigen ist.
Für die Frage, ob die Wertgrenze von 26 Mio. EUR überschritten ist, kommt es außerdem nicht nur auf den aktuell der Besteuerung zu unterwerfenden Vermögenserwerb an...