Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 210
Kapitalforderungen und Schulden sind regelmäßig mit dem Nennwert anzusetzen (§ 12 BewG). Allerdings können besondere Umstände eine vom Nennwert abweichende Bewertung rechtfertigen. Solche liegen vor,
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wenn die Kapitalforderungen oder Schulden unverzinslich sind und ihre Laufzeit im Besteuerungszeitpunkt mehr als ein Jahr beträgt; |
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wenn die Kapitalforderungen oder Schulden niedrig verzinst oder hoch verzinst sind und die Kündbarkeit für längere Zeit ausgeschlossen ist; |
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wenn zweifelhaft ist, ob eine Kapitalforderung in vollem Umfang durchsetzbar ist. |
a) Niedrig verzinsliche Kapitalforderung
Rz. 211
Niedrig verzinsliche Kapitalforderungen oder Schulden sind gegeben, wenn die Verzinsung unter 3 % liegt und die Kündbarkeit am Veranlagungsstichtag für längere Zeit, d.h. für mindestens vier Jahre, eingeschränkt oder ausgeschlossen ist. In diesen Fällen sind die Forderungen oder Schulden unter dem Nennwert anzusetzen. Dies gilt allerdings nicht, wenn einer unverzinslichen oder niedrig verzinslichen Kapitalforderung an Stelle der Zinsen oder neben den Zinsen andere wirtschaftliche Vorteile gegenüberstehen. Hier bleibt es beim Ansatz des Nennwerts.
b) Hoch verzinsliche Kapitalforderung
Rz. 212
Hoch verzinsliche Kapitalforderungen oder Schulden liegen im Allgemeinen vor, wenn die Verzinsung über 9 % liegt und die Rückzahlung am Besteuerungsstichtag noch für mindestens vier Jahre ausgeschlossen ist. In diesen Fällen ist ein Wert über dem Nennwert anzusetzen. Allerdings sind auch hier andere wirtschaftliche Nachteile zu berücksichtigen, die gegebenenfalls eine Bewertung zum Nennwert rechtfertigen.
c) Nicht durchsetzbare Forderungen
Rz. 213
Sofern zweifelhaft ist, ob oder inwieweit eine Kapitalforderung durchsetzbar ist, kann sie dem Grad der Zweifelhaftigkeit entsprechend mit einem niedrigeren Schätzwert anzusetzen sein. Das gilt insbesondere beim Ansatz verjährter Kapitalforderungen. Dabei rechtfertigen Schwierigkeiten in der Beurteilung der Rechtslage keinen Abschlag.
d) Steuererstattungsansprüche und Steuervergütungsansprüche
Rz. 214
Private Steuererstattungsansprüche und Steuervergütungsansprüche (z.B. Einkommensteuerschulden) sind als Kapitalforderungen oder Schulden zu bewerten.
e) Ausländische Forderungen
Rz. 215
Auf ausländische Währungen lautende Kapitalforderungen und Schulden sind mit dem am Besteuerungszeitpunkt maßgebenden Umrechnungskurs zu bewerten.
f) Bundesschatzbriefe
Rz. 216
Bundesschatzbriefe A sind mit ihrem Nennwert anzusetzen, während Bundesschatzbriefe B mit ihrem Rückzahlungswert anzusetzen sind.
g) Zero-Bonds
Rz. 217
Handelt es sich um börsennotierte Zero-Bonds, sind diese mit dem niedrigsten im Besteuerungszeitpunkt für sie im amtlichen Handel notierten Kurs anzusetzen (§ 11 Abs. 1 S. 1 BewG). Nichtnotierte Zero-Bonds sind in Anlehnung an die Kursnotierungen von in Ausstattung und Laufzeit vergleichbaren Anleihen zu bewerten.
h) Einlage des typischen stillen Gesellschafters
Rz. 218
Grundsätzlich sind Einlagen eines typischen stillen Gesellschafters mit dem Nennwert anzusetzen. Ist allerdings die Kündbarkeit der Einlage am Besteuerungszeitpunkt für längere Zeit ausgeschlossen (noch mehr als 5 Jahre) und liegt der Durchschnittsertrag über 9 %, ist der Nennwert der Vermögenseinlage um den fünffachen Unterschiedsbetrag zwischen dem Durchschnittsertrag und der Verzinsung um 9 % zu erhöhen. Bei Stillen Einlagen mit geringen Durchschnittserträgen (unter 3 %) ist der Nennwert entsprechend zu mindern.
Der Durchschnittsertrag ist möglichst aus den Gewinnanteilen der letzten drei vor dem Besteuerungszeitpunkt endenden Wirtschaftsjahre herzuleiten. Ein Wertabschlag wegen Unwägbarkeiten kommt dabei nicht in Betracht.