Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
a) Steuerpflichtiger Erwerb
Rz. 37
Mit § 10 ErbStG beginnt der zweite Abschnitt des Erbschaftsteuergesetzes. Dieser Abschnitt regelt in den §§ 10–13d ErbStG den steuerpflichtigen Erwerb, den Bewertungsstichtag (siehe Rdn 34 f.), einzelne Steuerbefreiungen und unter Verweis in § 12 ErbStG auf die Vorschriften des Bewertungsgesetzes die Bewertung von Wirtschaftsgütern, die nicht in Geld bestehen.
Rz. 38
In § 10 ErbStG ist die Bereicherung des Erwerbers als zentrales Grundsatzprinzip verankert. Ausgehend davon wird der steuerpflichtige Erwerb als Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer wie folgt ermittelt:
Hinweis
Übernimmt der Beschenkte bei einer Schenkung Verbindlichkeiten, liegt eine Schenkung überhaupt nur in Höhe des unentgeltlichen Teils vor, da entgeltliche Erwerbe nach dem ErbStG nicht steuerbar sind (gemischte Schenkung, Schenkung unter Leistungsauflage, R E 7.4 ErbStR 2019).
Rz. 39
Gem. § 10 Abs. 5 ErbStG sind u.a. folgende Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig:
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Erblasserschulden, soweit sie gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG nicht bereits wertmindernd berücksichtigt worden sind; |
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Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen, Auflagen und geltend gemachten Pflichtteilen und Erbersatzansprüchen, gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG; |
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Erbanfallkosten (z.B. Bestattungskosten, Kosten für Grabpflege) und sog. Erwerbsnebenkosten, die durch Schenkung oder Erbfall entstehen (Beispiel: Rechts- und Steuerberatungskosten), gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG (Pauschbetrag: 10.300 EUR; bei Nachweis höhere Kosten abzugsfähig). |
Hinweis
Auch Nachlassverbindlichkeiten sind gem. § 12 ErbStG nach den Vorschriften des BewG zu bewerten. Ihr Ansatz erfolgt gem. § 12 BewG mit dem Nennwert.
Rz. 40
Zu den nicht abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten gehören gem. § 10 Abs. 6–9 ErbStG unter anderem:
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Schulden und Lasten, soweit sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Vermögensgegenständen stehen, die nicht der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegen. |
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Bei Beschränkung der Besteuerung auf einzelne Vermögensgegenstände sind nur die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. |
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Schulden und Lasten, welche mit teilweise befreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur mit dem Betrag abzugsfähig, der dem steuerpflichtigen Teil entspricht. |
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Schulden und Lasten, welche in wirtschaftlichem Zusammenhang mit begünstigtem Vermögen, § 13a ff. ErbStG, stehen, werden ebenfalls entsprechend gekürzt (§ 10 Abs. 6 ErbStG). |
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Die vom Erwerber selbst zu entrichtende Erbschaftsteuer (§ 10 Abs. 8 ErbStG). |
b) Bewertung
Rz. 41
Gemäß § 12 ErbStG richtet sich die Bewertung für erbschaftsteuerliche Zwecke nach den allgemeinen und besonderen Vorschriften des BewG. Die Vorschrift stellt die Verbindung zu den Bewertungsregeln des Bewertungsgesetzes her und entlastet so das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz von Einzelregelungen zur Bewertung. Dabei richtet sich die Bewertung gem. § 12 Abs. 1 ErbStG grundsätzlich nach den Vorschriften des Ersten Teils des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).
Rz. 42
Grundsätzlich ist der gemeine Wert nach § 9 Abs. 1 BewG zugrunde zu legen, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist. Dieser wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen gewesen wäre, § 9 Abs. 2 BewG.
Sondervorschriften bezüglich der Bewertung, ergeben sich für folgende Vermögensgegenstände:
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Anteile an Kapitalgesellschaften |
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Grundbesitz |
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Bodenschätze |
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inländisches Betriebsvermögen |
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ausländischer Grundbesitz und ausländisches Betriebsvermögen. |
Die aufgeführten Vermögen werden nach § 151 BewG durch Bescheid gesondert festgestellt. Maßgebend für die Wertermittlung ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 11 ErbStG.