Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 156
Die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen (§§ 13a, 19a ErbStG) werden dem Steuerpflichtigen im Ergebnis nur vorläufig gewährt. Endgültig werden diese erst, wenn der Steuerpflichtige zum einen eine bestimmte Lohnsumme (sog. Mindestlohnsumme) innerhalb von fünf bzw. sieben Jahren nicht unterschreitet (§ 13a Abs. 3 ErbStG) und zum anderen weitere Behaltensvorschriften (§ 13a Abs. 5 ErbStG) einhält.
a) Einhaltung der Mindestlohnsumme
aa) Anwendbarkeit des Lohnsummenkriteriums
(1) Mitarbeiterzahl
Rz. 157
Die Lohnsumme spielt nur dann eine Rolle, wenn der Betrieb im Besteuerungszeitpunkt mehr als fünf Beschäftigte hat (§ 13a Abs. 1 S. 4 ErbStG) und die entsprechenden Beschäftigungsverhältnisse in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem begünstigungsfähigen Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 ErbStG stehen. Soweit die Ausgangslohnsumme 0 EUR beträgt, ist die Lohnsumme von vornherein irrelevant, § 13a Abs. 3 S. 3 Nr. 1 ErbStG.
Rz. 158
In die Bestimmung der Arbeitnehmeranzahl sowie auch für die Berechnung der Lohnsumme sind sämtliche auf den Lohn- und Gehaltslisten des Betriebs erfassten Beschäftigten einzubeziehen. Außer Ansatz bleiben nach § 13a Abs. 3 S. 7 ErbStG Vergütungen an solche Arbeitnehmer, die
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sich im Mutterschutz befinden (Nr. 1) Maßgeblich für die Beurteilung sind die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.6.2002, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.10.2012. |
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sich in einem Ausbildungsverhältnis befinden (Nr. 2) |
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Krankengeld beziehen (Nr. 3) Maßgeblich für die Beurteilung ist § 44 SGB V. |
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Elterngeld beziehen (Nr. 4) Maßgeblich für die Beurteilung sind die Vorgaben des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.6.2015. |
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nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind, also Saisonarbeiter (Nr. 5). |
Rz. 159
Während die in den § 13a Abs. 3 S. 7 Nr. 1–4 ErbStG aufgezählten Beschäftigten allein anhand der gesetzlichen Vorgaben eindeutig bestimmt werden können, ist die Regelung in § 13a Abs. 3 S. 7 Nr. 5 ErbStG auslegungsbedürftig. Zwar sind Saisonarbeiter nun ausdrücklich genannt. Insoweit handelt es sich aber offenbar lediglich um einen (typischen) Beispielsfall für Arbeitnehmer, die "nicht ausschließlich oder überwiegend in dem Betrieb tätig sind". Zu diesen zählen nach dem Gesetzeswortlauf des Weiteren Teilzeitbeschäftigte mit mehreren Stellen, wenn sie nicht zu wenigstens 50 % der tariflichen Wochenarbeitszeit im (prüfungsgegenständlichen) Betrieb tätig bzw. abgestellt sind.
Hinsichtlich Teilzeitbeschäftigter geht die Finanzverwaltung aber dennoch von deren grundsätzlicher Einbeziehung in die Lohnsumme aus (unabhängig vom Umfang der Tätigkeit für den Betrieb). Dasselbe dürfte auch für geringfügig Beschäftigte i.S.v. § 8 SGB IV (sog. 400-Euro-Jobber) gelten.
Eine Umrechnung in "fiktive Vollzeitbeschäftigte" auf der Grundlage der tatsächlichen Arbeitszeit findet nicht statt. Es wird einfach nach Köpfen gezählt.
(2) Berücksichtigung des Unternehmers und seiner Familie
Rz. 160
Alles in allem setzt der Beschäftigtenbegriff des § 13a ErbStG offenbar das Bestehen einer Arbeitnehmereigenschaft voraus, so dass der Unternehmer selbst grds. nicht als Beschäftigter i.S.v. § 13a ErbStG in Betracht kommt. Uneingeschränkt gilt dies aber nur für die Inhaber von Einzelunternehmen sowie für Personengesellschafter. Denn bei Kapitalgesellschaften sind auch Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. Vorstände Arbeitnehmer i.S.d. Vorschrift. Die sozialversicherungsrechtliche Qualifikation als Arbeitnehmer spielt insoweit keine eigenständige Rolle.
Rz. 161
Zu den Beschäftigten gehören auch im Unternehmen angestellte Familienangehörige oder sonstige nahestehende Personen. Die ertragsteuerliche Anerkennung des Arbeitsverhältnisses oder der Höhe der vereinbarten Vergütung sind irrelevant. Denn eine Bezugnahme oder auch nur einen Hinweis auf einkommensteuerrechtliche Vorschriften (etwa § 19 EStG oder § 2 LStDV) enthält das Gesetz nicht. Vielmehr ergibt sich aus § 13a Abs. 4 ErbStG eine eigenständige Definition. Überhöhte Vergütungen, die als verdeckte Gewinnausschüttungen zu qualifizieren sind, dürfen aber dennoch nicht in die Lohnsumme einbezogen werden. Maßgeblich sind die tatsächlich gezahlten "Löhne und Gehälter", nicht...