Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
a) Steuerklassen und persönliche Freibeträge
Rz. 45
Zur Berechnung der Erbschaftsteuer werden die Erwerber in Steuerklassen gem. § 15 ErbStG eingeteilt. Jedem Stpfl. stehen innerhalb von zehn Jahren persönliche Freibeträge zu, innerhalb derer Schenkungen oder Erbfälle steuerfrei sind. Die Steuerklassen (§ 15 ErbStG) sowie die persönlichen Freibeträge des § 16 ErbStG stellen sich wie folgt dar:
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Freibetrag |
Steuerklasse I |
Ehegatte/eingetragener Lebenspartner |
500.000 EUR |
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Kinder und Stiefkinder |
400.000 EUR |
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Enkel, Urenkel |
200.000 EUR |
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Sonst. Personen der Steuerklasse I, z.B. Eltern und Großeltern (Erbfall) |
100.000 EUR |
Steuerklasse II |
Eltern und Großeltern (Schenkung) |
20.000 EUR |
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Geschwister |
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Nichten und Neffen |
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Stiefeltern |
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Schwiegersohn, Schwiegertochter |
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Schwiegereltern |
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geschiedener Ehepartner |
Steuerklasse III |
Sonstige |
20.000 EUR |
Vor allem die persönlichen Freibeträge der Personen der Steuerklasse I wurden im Rahmen der Erbschaftsteuerreform 2008 erheblich erhöht und sind seitdem unverändert geblieben. Für Kinder hatte sich der Freibetrag gegenüber dem zuvor geltenden Recht verdoppelt, während sich der Freibetrag für Enkel sogar vervierfachte. Dies war erforderlich, um eine übermäßige Belastung, die sonst wegen der teilweise drastischen Erhöhung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen (prinzipiell Ansatz des gemeinen Werts) gedroht hätten, zu vermeiden.
b) Besonderer Versorgungsfreibetrag, § 17 ErbStG
Rz. 46
Zusätzlich zum persönlichen Freibetrag gem. § 16 ErbStG wird dem überlebenden Ehegatten und dem überlebenden Lebenspartner ein besonderer Versorgungsfreibetrag i.H.v. 256.000 EUR gewährt. Der besondere Versorgungsfreibetrag wird gem. § 17 Abs. 2 ErbStG auch den Kindern beim Erwerb von Todes wegen gewährt. Allerdings wird hierbei der Freibetrag im Zeitpunkt des Erwerbs in Abhängigkeit vom Alter der Kinder in seiner Höhe gestaffelt. Der besondere Versorgungsfreibetrag wird um den Kapitalwert der nicht der Erbschaftsteuer unterliegenden Versorgungsbezüge gekürzt.
c) Steuersätze, § 19 ErbStG
Rz. 47
Der Erbschaftsteuertarif nach § 19 ErbStG stellt sich wie folgt dar:
Steuerklasse bis einschließlich |
I |
II |
III |
75.000 EUR |
7 v.H. |
15 v.H. |
30 v.H. |
300.000 EUR |
11 v.H. |
20 v.H. |
30 v.H. |
600.000 EUR |
15 v.H. |
25 v.H. |
30 v.H. |
6.000.000 EUR |
19 v.H. |
30 v.H. |
50 v.H. |
13.000.000 EUR |
23 v.H. |
35 v.H. |
50 v.H. |
26.000.000 EUR |
27 v.H. |
40 v.H. |
50 v.H. |
darüber |
30 v.H. |
43 v.H. |
50 v.H. |
Werden die einzelnen Wertgrenzen überschritten, kommt es beim Übergang in die nächsthöhere Wertstufe zu einem sprunghaften Anstieg der Steuerbelastung. Um diesen Effekt beim Wechsel in die nächsthöhere Wertstufe abzumildern, sieht § 19 Abs. 3 ErbStG einen sog. Härteausgleich vor. Der Härteausgleich wird anhand des folgenden Beispiels erläutert:
Rz. 48
Beispiel
S schenkt seinem Bruder B 650.000 EUR. Nach Abzug seines persönlichen Freibetrags i.H.v. 20.000 EUR verbleibt bei B ein steuerpflichtiger Erwerb von 630.000 EUR. Die Steuerschuld würde somit 189.000 EUR (Steuersatz von 30 %) betragen.
Wäre die Wertgrenze von 600.000 EUR nicht überschritten worden, würde die Steuerbelastung lediglich (600.000 EUR x 25 %) 150.000 EUR betragen. Zu einer Erhebung des Unterschiedsbetrags i.H.v. 39.000 EUR (X) (=189.000 EUR – 150.000 EUR) kommt es nur insoweit, wie er aus der Hälfte (bei einem Steuersatz über 30 % aus drei Vierteln) des die letzte Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann. Die letzte Wertgrenze wurde folglich um 30.000 EUR (Y) überschritten, wovon jedoch nur 15.000 EUR (50 %) erhoben werden. Somit beträgt die endgültige Steuerbelastung für B lediglich 165.000 EUR (= 150.000 EUR + 15.000 EUR).
d) Berücksichtigung früherer Erwerbe, § 14 ErbStG
Rz. 49
Zur Verhinderung von Progressionsvorteilen sieht § 14 ErbStG vor, dass innerhalb von zehn Jahren von derselben Person anfallende Vermögensvorteile (Schenkungen, Erbfall) zusammenzufassen sind, indem dem letzten Erwerb die früheren Erwerbe mit ihrem früheren Wert zugerechnet werden. Zur Ermittlung der Steuer auf den Letzterwerb wird von der Steuer für den Gesamtbetrag die höhere der folgenden Steuern abgezogen:
▪ |
die fiktive Erbschaftsteuer, die für die früheren Erwerbe nach den persönlichen Verhältnissen des Erwerbers auf Grundlage der zum Zeitpunkt des letzten Erwerbs geltenden Vorschriften zu erheben gewesen wäre (§ 14 Abs. 1 S. 2 ErbStG) oder |
▪ |
die tatsächliche Erbschaftsteuer (§ 14 Abs. 1 S. 3 ErbStG). |
Zusätzlich ist noch eine Mindesterbschaftsteuer zu prüfen (§ 14 Abs. 1 S. 4 ErbStG). Danach ist mindestens die Erbschaftsteuer zu zahlen, die sich für den Letzterwerb ohne Zusammenrechnung ergeben würde.
Rz. 50
Beispiel
Ein Verlobter schenkt seiner Verlobten Bargeld i.H.v. 500.000 EUR. Nach der Hochzeit schenkt der Ehemann seiner Ehefrau nochmals Bargeld i.H.v. 1 Mio. EUR.
Tatsächliche ErbSt auf Vorschenkung nach altem Recht |
Bargeld |
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500.000 EUR |
abzgl. persönl. Freibetrag |
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20.000 EUR |
steuerpflichtiger Erwerb |
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480.000 EUR |
abgerundet |
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480.000 EUR |
ErbSt-Satz |
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29 v.H. |
tatsächliche ErbSt auf Vorschenkung |
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144.000 EUR |
Fiktive ErbS... |