Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
aa) Bedeutung der Wertgrenze des § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG
Rz. 64
Im Hinblick auf entsprechende verfassungsgerichtliche Vorgaben ist (seit dem ErbStG 2016) in § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG eine absolute Erwerbsgrenze von 26 Mio. EUR für die Gewährung des Verschonungsabschlags im Gesetz geregelt. Außerdem besteht für die Beurteilung der sich im Falle des Überschreitens dieser Grenze ergebenden Rechtsfolgen eine weitere Prüfschwelle von 90 Mio. EUR. Je nach festzustellendem Wert des Erwerbs ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen, die der Steuerpflichtige (jedenfalls im Bereich von nicht mehr als 90 Mio. EUR) durch die Ausübung ihm zustehender Wahlrechte erheblich beeinflussen kann.
Rz. 65
Maßgeblich für die jeweiligen Größenklassen ist nicht die Größe des betroffenen Unternehmens, sondern vielmehr der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens.
Im Bereich von Erwerben, die die Grenze von 26 Mio. EUR nicht überschreiten, folgt das Verschonungsregime dem mit dem ErbStG 2009 eingeführten Konzept (85 % Regelverschonung mit Wahlrecht zur 100 % Vollverschonung).
Für Erwerbe, deren Wert zwar 26 Mio. EUR übersteigt, aber nicht über 90 Mio. EUR liegt, besteht zugunsten des Steuerpflichtigen ein Wahlrecht, ob ein (entsprechend dem Umfang, in dem die Schwelle von 26 Mio. EUR überschritten ist) abgeschmolzener Verschonungsabschlag oder ein (teilweiser) Steuererlass auf der Grundlage der angesprochenen Verschonungsbedarfsprüfung in Anspruch genommen werden soll.
Liegt der für die Prüfung maßgebliche Wert des Erwerbs über 90 Mio. EUR, kommt eine Verschonung in Form eines (teilweisen) Steuererlasses nur auf der Grundlage einer (positiven) Verschonungsbedarfsprüfung in Betracht (vgl. unten Rdn 201 ff.).
bb) Prüfung der Wertgrenze
Rz. 66
Maßgeblich für die Beurteilung der Wertgrenze ist das "Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2". Das ist das um das schädliche Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 4 bis 9 ErbStG) geminderte begünstigungsfähige Vermögen i.S.v. § 13b Abs. 1 ErbStG (vgl. hierzu unten Rdn 143 ff.). Allerdings regelt § 13a Abs. 9 ErbStG einen zusätzlichen Wertabschlag für (typische) Familienunternehmen, der noch vor Anwendung von § 13a Abs. 1 ErbStG zu berücksichtigen ist.
Für die Frage, ob die Wertgrenze von 26 Mio. EUR überschritten ist, kommt es außerdem nicht nur auf den aktuell der Besteuerung zu unterwerfenden Vermögenserwerb an. Vielmehr sind auch frühere innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren von demselben Erblasser/Schenker stammende Erwerbe begünstigten Vermögens mit in die Betrachtung einzubeziehen. Diese früheren Erwerbe werden dem aktuellen Erwerb jeweils "nach ihrem früheren Wert" hinzugerechnet (§ 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG), um so den maßgeblichen Erwerb zur Anwendung der Erwerbsgrenze zu bestimmen.