Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 90
Begünstigungsfähig ist der Erwerb inländischen oder EU-/EWR-Betriebsvermögens, das vom Erblasser bzw. Schenker auf den Erwerber übergeht und beim Erwerber inländisches oder EU-/EWR-Betriebsvermögen bleibt. Dazu gehören auch Beteiligungen an gewerblich geprägten Personengesellschaften.
Grundstücke und Grundstücksteile gehören zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen, soweit sie bei der Bewertung des Betriebsvermögens zur wirtschaftlichen Einheit gehören und diese Eigenschaft auch auf den Erwerber übergeht.
Rz. 91
Begünstigungsfähig ist nur Betriebsvermögen, das mit dem Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder einer Beteiligung an einer gewerblichen bzw. gewerblich geprägten Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) auf den Erwerber übergeht, wobei die Begriffe nach ertragsteuerlichen Grundsätzen abzugrenzen sind.
Rz. 92
Die Aufnahme einer Person in ein Einzelunternehmen oder die Übertragung eines Teils einer Beteiligung an einer Personengesellschaft gilt auch als Erwerb einer Beteiligung. Sonderbetriebsvermögen muss nicht zwingend quotal zum übertragenen Anteil an der Beteiligung vom Schenker auf den Erwerber übergehen. Unschädlich ist demnach eine unterquotale Übertragung oder der Zurückbehalt von Sonderbetriebsvermögen, sofern dieses weiterhin Betriebsvermögen derselben Personengesellschaft ist. Nicht begünstigt ist hingegen, wenn der Schenker nur Einzelwirtschaftsgüter überträgt, insbesondere wenn er wesentliche Betriebsgrundlagen zurückbehält oder auf andere Erwerber überträgt.
Rz. 93
Direkt gehaltenes und übertragenes ausländisches Betriebsvermögen in Drittstaaten zählt nicht zu dem begünstigungsfähigen Vermögen. Dies gilt auch für Betriebsvermögen von Gewerbebetrieben, deren wirtschaftliche Einheit sich ausschließlich auf Drittstaaten erstreckt und das Vermögen, das einer Drittlandsbetriebsstätte eines inländischen Gewerbebetriebs dient. Begünstigungsfähig ist dagegen ausländisches Betriebsvermögen im Drittland, wenn es Teil einer wirtschaftlichen Einheit im Inland oder in der EU/des EWR ist. Dies gilt für im inländischen bzw. EU-/EWR-Betriebsvermögen gehaltene Anteile an Drittlands-Personengesellschaften und Drittlands-Kapitalgesellschaften.
Rz. 94
Nach Auffassung der Finanzverwaltung (die aber keine echte Stütze im Gesetz hat) bildet auch die Einräumung eines Zuwendungsnießbrauchs an Betriebsvermögen einen begünstigungsfähigen Vermögenserwerb, wenn der Nießbraucher Mitunternehmer wird. Gleiches gilt auch beim Verzicht auf einen mitunternehmerischen Nießbrauch, z.B. nach Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt.
Demgegenüber kommt eine analoge Anwendung dieser Verschonungsregelung im Bereich von § 29 ErbStG auch nach der Verwaltungsauffassung nicht in Betracht. Gemäß § 29 ErbStG entfällt eine einmal festgesetzte Schenkungsteuer dann (mit Wirkung für die Vergangenheit), wenn die Schenkung rückwirkend wegfällt, beispielsweise weil der Schenker sie widerrufen hat. In diesem Fall ist die Steuer an den Steuerpflichtigen zu erstatten, soweit sie nicht im Hinblick auf die bei ihm verbleibenden Nutzungsvorteile (für den Zeitraum zwischen Ausführung und Widerruf der Schenkung) auch weiterhin gerechtfertigt ist. Der Steuerpflichtige wird also fiktiv so behandelt, als hätte ihm der Schenker für den in Rede stehenden Zeitraum einen Nießbrauch eingeräumt. Eine Verschonung dieses "fiktiven Nießbrauchs" will die Verwaltung nicht zulassen.