Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 185
Neben der Einhaltung der Lohnsumme muss das im Besteuerungszeitpunkt vorhandene begünstigte Betriebsvermögen über den Behaltenszeitraum von fünf Jahren bei der Regelverschonung bzw. sieben Jahre bei der Optionsverschonung nach der Übertragung im Betrieb erhalten werden. Soweit dagegen verstoßen wird, fällt nach § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG sowohl der Verschonungsabschlag von 85 v.H. bzw. 100 v.H. als auch der Abzugsbetrag (§ 13b Abs. 2 ErbStG) sowie die Tarifermäßigung (§ 19a ErbStG) mit Wirkung für die Vergangenheit weg.
Rz. 186
Ein Verstoß gegen die Behaltensregelungen liegt nicht nur bei Verkauf oder Einstellung, sondern auch beispielsweise dann vor, wenn begünstigtes Vermögen
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als Abfindung nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG übertragen wird oder |
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zur Erfüllung anderer schuldrechtlicher Ansprüche, z.B. aufgrund eines Geldvermächtnisses, Pflichtteils- oder Zugewinnausgleichsanspruchs, hingegeben wird. |
Rz. 187
Die Nachversteuerung findet in dem Umfang statt, die sich aus dem Verhältnis der verbleibenden Jahre der Behaltensfrist einschließlich des Jahres des schädlichen Vorgangs zur gesamten Behaltensfrist ergibt (§ 13a Abs. 6 S. 2 ErbStG). Ein schädliches Ereignis im dritten Jahr nach der Übertragung führt dann nur zu einem rückwirkenden Wegfall des Verschonungsabschlags von 3/5. Der Verschonungsabschlag beträgt damit nur noch 34 v.H. bei der Regelverschonung (2/5 von 85 v.H.) bzw. 28,6 v.H. bei der Optionsverschonung (2/7 von 100 v.H.).
aa) Behaltensregelungen für Betriebsvermögen (Personengesellschaften)
Rz. 188
Die Behaltensfrist ist taggenau zu bestimmen. Sie beträgt fünf Jahre bei Regelverschonung (§ 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG) und sieben Jahre bei der Volllverschonung (§ 13a Abs. 6 S. 1 i.V.m. Abs. 10 Nr. 2 ErbStG). Maßgeblich für die Fristberechnung ist der Abschluss des obligatorischen Geschäfts, nicht der Wirksamkeit oder der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums.
Rz. 189
Ein Verstoß gegen die Behaltensregelung bei der Übertragung von Betriebsvermögen ist die Veräußerung eines Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, einer Beteiligung an einer Personengesellschaft sowie eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder eines Anteils daran innerhalb der jeweiligen Behaltensfrist (§ 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 ErbStG).
Schädlich ist auch die Aufgabe – selbst durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens – eines Gewerbebetriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils.
Rz. 190
Nach § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG stellt auch die Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Gewerbebetriebs oder deren Überführung in das Privatvermögen zu betriebsfremden Zwecken (Entnahmen) einen Verstoß gegen die Behaltensregelungen dar. Dies gilt nicht, soweit die wesentlichen Betriebsgrundlagen zum jungen Verwaltungsvermögen gehören. Der Umfang der schädlichen Verfügung bemisst sich nach dem gemeinen Wert des Einzelwirtschaftsguts im ursprünglichen Besteuerungszeitpunkt.
Rz. 191
Die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine Kapital- oder eine Personengesellschaft (§§ 20, 24 UmwStG) gegen Gewährung von Gesellschaftsanteilen ist selbst noch kein Verstoß gegen die Behaltensregelungen. Dies gilt auch für die formwechselnde Umwandlung, Verschmelzung oder Realteilung von Personengesellschaften, soweit der Realteiler nicht nur einzelne Wirtschaftsgüter erhält. Schädlich ist allerdings eine nachfolgende Veräußerung der dabei erworbenen Anteile an der Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft innerhalb der Behaltensfrist. Dies stellt einen Verstoß gegen die Behaltensregelung dar.
Rz. 192
Veräußert der Erwerber das gesamte begünstigte Vermögen innerhalb der Behaltensfrist und erfolgt keine Reinvestition nach § 13a Abs. 6 S. 3 ErbStG, entfällt der Abzugsbetrag (§ 13a Abs. 2 ErbStG) insgesamt, während der Verschonungsabschlag für die Jahre erhalten bleibt, in denen keine schädliche Verfügung erfolgt ist (§ 13a Abs. 6 S. 2 ErbStG). Soweit die schädliche Verfügung nur einen Teil des begünstigten Vermögens betrifft, sind der Verschonungsabschlag und gegebenenfalls der Abzugsbetrag für den weiterhin begünstigten Teil des Vermögens zu gewähren.
bb) Entnahmebegrenzung
Rz. 193
Tätigt der Erwerber als Inhaber eines Einzelunternehmens oder Gesellschafters einer Personengesellschaft Entnahmen, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne um mehr als 150.000 EUR übersteigen, stellt dies eine Überentnahme i.S.v. § 1...