Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 70
Auf den nicht dem Verschonungsabschlag unterliegenden Teil des begünstigten Betriebsvermögens wird ein Abzugsbetrag gewährt (§ 13a Abs. 2 ErbStG, R E 13a.3 ErbStR 2019). Soweit der verbliebene Vermögensteil 150.000 EUR nicht übersteigt, soll er für die Berechnung der Erbschaftsteuer außer Ansatz bleiben. Dieser Abzugsbetrag soll sich verringern, wenn der Wert dieses Vermögens insgesamt 150.000 EUR übersteigt. Er verringert sich dann um 50 v.H. des 150.000 EUR übersteigenden Betrages.
Rz. 71
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG ist erwerberbezogen ausgestaltet, er wird also für jeden Erwerber gesondert gewährt und kann durch die Verteilung des begünstigten Vermögens auf mehrere Erwerber "vervielfältigt werden".
Der Abzugsbetrag hat eine Höhe von (maximal) 150.000 EUR. Er wird von dem Teil des auf einen Erwerber übergegangenen begünstigten Vermögens, der nach Anwendung des Verschonungsabschlags verbleibt, abgezogen. Der Abzugsbetrag verringert sich, wenn der Wert des (nach Abzug des Verschonungsabschlags verbleibenden) Vermögens insgesamt die Wertgrenze von 150.000 EUR übersteigt, um 50 % des diese Wertgrenze übersteigenden Betrages.
Rz. 72
In konkreten Zahlen ausgedrückt stellt sich der Berechnungsvorgang wie folgt dar:
Beispiel
Unternehmer U ist verstorben. Zu seinem Nachlass gehört ein Einzelunternehmen, das mit dem Erbfall auf seinen Alleinerben, den Sohn S, übergegangen ist. Es ist zu klären, welche steuerliche Bemessungsgrundlage (nach Anwendung von §§ 13a, 13b ErbStG) sich im Hinblick auf das Einzelunternehmen ergibt. Der Einfachheit halber wird unterstellt, dass U in seinem Betrieb kein Verwaltungsvermögen hatte.
Der gemeine Wert des Betriebsvermögens ist 1 Mio. EUR, alternativ 2 Mio. EUR bzw. 3 Mio. EUR
Lösung
Gemeiner Wert des Betriebsvermögens |
1.000.000 EUR |
2.000.000 EUR |
3.000.000 EUR |
abzügl. Verschonungsabschlag (85 %) |
./. 850.000 EUR |
./. 1.700.000 EUR |
./. 2.550.000 EUR |
Wert nach Anwendung von § 13a Abs. 1 ErbStG |
150.000 EUR |
300.000 EUR |
450.000 EUR |
abzügl. Abzugsbetrag, § 13a Abs. 2 ErbStG |
./. 150.000 EUR |
./. 75.000 EUR |
./. 0 EUR |
Bemessungsgrundlage |
0 EUR |
225.000 EUR |
450.000 EUR |
Rz. 73
Liegt der nach Anwendung des Verschonungsabschlags verbleibende Wert des begünstigten Vermögens unter der Wertgrenze von 150.000 EUR, wird der Abzugsbetrag nicht gekürzt, kann sich aber auch nicht in seiner maximalen Höhe (150.000 EUR) auswirken.
In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der nicht ausgeschöpfte Teil des Abzugsbetrages bei späteren i.S.v. § 13a ErbStG begünstigten Erwerben von demselben Erblasser/Schenker noch in Anspruch genommen werden kann. Das Gesetz enthält jedenfalls keine diesbezüglichen Beschränkungen. Dennoch geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die einmalige Berücksichtigung auch nur eines (ggf. sehr geringen) Teils des Abzugsbetrages zum vollständigen Verbrauch führt mit der Folge, dass eine Berücksichtigung bei späteren Erwerben von derselben Person (innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums) nicht mehr möglich ist.
Rz. 74
Gemäß § 13a Abs. 2 S. 3 ErbStG kann der Abzugsbetrag innerhalb von zehn Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe (ein und desselben Erwerbers) nur einmal in Anspruch genommen werden. Die Zehn-Jahres-Frist beginnt im Zeitpunkt der Steuerentstehung für den begünstigten Erwerb. Für den Fall, dass der Abzugsbetrag bei dieser (der ersten von dem jeweiligen Erblasser/Schenker stammenden) Zuwendung nicht vollständig in Anspruch genommen wird, ist dennoch diese (erste) Zuwendung für den Fristbeginn maßgeblich.
Beispiel
Der Steuerpflichtige S hat von seinem Vater V am 10.2.2020 lebzeitig Betriebsvermögen mit einem gemeinen Wert von 600.000 EUR geschenkt bekommen. Er hat seinerzeit den Verschonungsabschlag (85 % = 510.000 EUR) und den Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in Höhe von 90.000 EUR in Anspruch genommen. Am 1.2.2021 ist V verstorben und wurde alleine von S beerbt. S fragt, ob er den in 2020 nicht verbrauchten Teil des Abzugsbetrags (60.000 EUR) für im Erbfall auf ihn übergegangenes weiteres Betriebsvermögen des V verwenden kann.
Lösung
Der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG wurde auch durch die nur teilweise Inanspruchnahme in 2020 vollständig verbraucht, so dass er innerhalb von zehn Jahren nach dem Stichtag der Schenkung (10.2.2020) von S nicht wieder beansprucht werden kann. Das gilt auch für den in 2020 nicht verbrauchten Teilbetrag.
Rz. 75
Außerdem wird die zehnjährige Sperrfrist auch in solchen Fällen in Gang gesetzt, in denen der Abzugsbetrag wegen seiner Ausgestaltung als gleitende Freigrenze und im Hinblick auf den Wert des begünstigten Vermögens auf 0 EUR abgeschmolzen wird. Eine tatsächliche Auswirkung des Abzugsbetrages auf die Höhe der vom Erwerber geschuldeten Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ist nicht erforderlich. Andernfalls würde nämlich entgegen dem ausdrücklich dokumentierten Willen des Gesetzgebers ein Aufspalten größerer Zuwendungen in mehrere Zuwendungen – ungeachtet § 14 ErbStG – einen nicht gerechtferti...