Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 78
Bestimmte gesellschaftsvertragliche Besonderheiten rechtfertigen ein erhöhtes Verschonungsbedürfnis, weil die langfristig bestehende gesellschaftsvertragliche Beschränkung dazu führt, dass der objektive gemeine Wert der erworbenen Gesellschaftsanteile "aus subjektiver Sicht des Erwerbers nicht verfügbar" ist. Vor diesem Hintergrund regelt § 13a Abs. 9 ErbStG einen Wertabschlag für Familienunternehmen.
Voraussetzung für den Wertabschlag ist, dass der Gesellschaftsvertrag sowie die tatsächliche Handhabung wenigstens zwei Jahre vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung den Vorgaben von § 13a Abs. 9 S. 1 ErbStG genügen (§ 13a Abs. 9 S. 4 ErbStG). Diese Vorgaben sind (kumulativ):
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Beschränkung der Entnahmen oder Ausschüttungen auf höchstens 37,5 % des um die auf den Gewinnanteil oder die Ausschüttungen anfallenden Steuern vom Einkommen gekürzten Betrages des steuerrechtlichen Gewinns; Entnahmen bzw. Ausschüttungen, die zur Begleichung der auf die Beteiligung entfallenden Steuern vom Einkommen (durch die Gesellschafter) erforderlich sind, bleiben bei der Entnahmebeschränkung unberücksichtigt. |
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Beschränkung der Verfügungsmöglichkeiten über die Gesellschaftsanteile, und zwar auf Verfügungen zugunsten von Mitgesellschaftern, Angehörigen i.S.v. § 15 AO und Familienstiftungen (i.S.v. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). |
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Beschränkung der Abfindung ausscheidender Gesellschafter auf einen Betrag unter dem gemeinen Wert der Beteiligung. |
Rz. 79
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, richtet sich die Höhe des Wertabschlags gemäß § 13a Abs. 9 S. 3 ErbStG nach der vertraglich vereinbarten prozentualen Minderung der Abfindung gegenüber dem gemeinen Wert (§ 9 BewG). Allerdings kann der Abschlag nie mehr als 30 % betragen.
Rz. 80
Wird der Gesellschaftsvertrag hinsichtlich der entsprechenden Regelungen (irgendwann) innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung geändert, so dass die Voraussetzungen von § 13a Abs. 9 S. 1 ErbStG nicht mehr erfüllt sind, oder entsprechen die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb dieses Zeitraums nicht mehr den gesellschaftsvertraglichen Vorgaben, führt dies zu einem rückwirkenden Entfall des Wertabschlages. Dies gilt nach Auffassung der Finanzverwaltung unabhängig davon, ob der begünstige Erwerber im Zeitpunkt des Verstoßes bzw. der Änderung des Gesellschaftsvertrages überhaupt noch Gesellschafter ist.