Dr. Christopher Riedel, Prof. Dr. Carmen Griesel
Rz. 23
Nach § 7 Abs. 1 ErbStG gelten als Schenkungen unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Schenkung durch freigiebige Zuwendung ist in R 7.1 ErbStR 2019 definiert. Demnach ist zwischen dem schenkungsteuerlichen und dem zivilrechtlichen Schenkungsbegriff zu unterscheiden. Während die zivilrechtliche Schenkung die Einigung über die Unentgeltlichkeit zwischen den Parteien voraussetzt, ist steuerrechtlich die objektive Bereicherung des Beschenkten auf Kosten des Schenkers sowie der (einseitige) Wille des Schenkers zur Unentgeltlichkeit ausreichend. Dabei kann die Bereicherung sowohl eine Vermögensmehrung als auch eine Minderung von Schulden des Beschenkten sein.
Rz. 24
Tatbestandsvoraussetzungen sind somit:
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objektive Bereicherung des Empfängers, |
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auf Kosten des Zuwendenden (Entreicherung entspricht Bereicherung beim Empfänger) |
▪ |
subjektiver Wille zur Unentgeltlichkeit beim Zuwendenden. |
Ob eine Bereicherung vorliegt und ob dieser eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht, ist anhand der gemeinen Werte zu ermitteln, R E 7.1 Abs. 2 S. 2 ErbStR 2019.
Rz. 25
Ein Bereicherungswille fehlt regelmäßig, wenn sich der Leistende aus rechtlichen Gründen zur Leistung verpflichtet sah (bzw. wenn der Begünstigte einen Anspruch auf die Leistung hat), oder von einer gleichwertigen Gegenleistung ausging.
Rz. 26
Sonderformen der Schenkung, d.h. ebenfalls freigebige Zuwendungen unter Lebenden sind:
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Kettenschenkung oder Weiterschenkung unter Auflage; |
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Zuwendungen unter Ehegatten; |
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mittelbare Grundstücksschenkung; |
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gemischte Schenkung sowie Schenkung unter Auflage; |
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Verzicht auf ein Nutzungsrecht. |
Der Gegenstand einer Schenkung bestimmt sich nach zivilrechtlichen Vorschriften, so dass es darauf ankommt, worüber sich die Parteien tatsächlich geeinigt haben. Damit ist eine schenkungsteuerlich wirksame mittelbare Schenkung möglich.
Rz. 27
Beispiel
Der Vater V schenkt seinem Sohn S einen Geldbetrag unter der Auflage, ein genau bestimmtes Grundstück zu kaufen.
Für die Ermittlung der Bereicherung bei S ist nicht der Wert des Geldbetrages (Nominalwert) sondern der Wert des Grundstücks maßgebend, da der Wille der Parteien letztlich auf die Schenkung des Grundstücks gerichtet war.
Rz. 28
Ist der zu erwerbende Gegenstand nicht genau bestimmt, liegt keine mittelbare Schenkung, sondern eine Geldschenkung unter Auflage vor, bei der der Nominalwert des geschenkten Geldes maßgeblich ist (R E 7.3 Abs. 2 ErbStR 2019).
Rz. 29
Zu beachten ist allerdings, dass etwaige Erwerbsnebenkosten, wie bspw. Notar-, Grundbuchkosten sowie Grunderwerbsteuer, bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung vollständig von der Schenkung abgezogen werden können, sofern sie vom Bedachten getragen werden. Somit kann sie gegebenenfalls vorteilhafter sein als die Schenkung unter Auflage.
Rz. 30
Eine Schenkung liegt nur insoweit vor, als die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. Bei einer entgeltlichen Zuwendung und einer Ungleichheit von Leistung und Gegenleistung, handelt es sich um eine sogenannte gemischte Schenkung. Ein schenkungsteuerbarer Tatbestand liegt nur dann vor, sofern es zu einer Bereicherung beim Empfänger kommt. Diese Bereicherung folgt aus der Differenz zwischen Leistung und Gegenleistung. Andernfalls handelt es sich um einen nicht der Schenkungsteuer unterliegenden Leistungsaustausch.
Rz. 31
Der Steuerwert der Schenkung wird nach folgender Formel berechnet (R E 7.4 Abs. 1 ErbStR 2019):
Gemeiner Wert der Leistung des Schenkers ./. gemeiner Wert der Gegenleistung/Auflage
Rz. 32
Vor der Erbschaftsteuerreform 2008 war die mittelbare Grundstücksschenkung äußerst attraktiv, da bspw. Grundstücke mit dem deutlich niedrigeren Grundbesitzwert angesetzt wurden. Auch heute werden bei Immobilienbewertungen noch zahlreiche Pauschalierungen und Typisierungen verwendet, sodass der gemeine Wert zuweilen immer noch den Verkehrswert unterschreitet. Dadurch kann eine Grundstückschenkung in Einzelfällen immer noch vorteilhafter sein als eine Geldschenkung.
Rz. 33
Ist die Zuwendung des Schenkers an den Beschenkten mit einer Leistungspflicht des Beschenkten verbunden oder ist dieser zu einer Duldung verpflichtet, handelt es sich um eine Auflagenschenkung. Während bei einer gemischten Schenkung ein Austauschverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und damit nur der unentgeltliche Teil der Übertragung der Erbschaftsteuer unterliegt, ist bei der Auflagenschenkung die Auflage aus dem Wert der Zuwendung zu erbringen. Dabei wird grundsätzlich zwischen einer Leistungsauflage und einer Duldungsauflage unterschieden. In beiden Fällen unterliegt – wie bei einer gemischten Schenkung – nur der unentgeltliche Teil der Übertragung der Erbschaftsteuer. Hierzu wird vom gemeinen Wert der Leistung der gemeine Wert der Leistungs- oder Duldungsauflage in Abzug gebracht. Auch der Vorbehalt eines Nutzungsrechts, z.B. eines Nießbrauchs, stellt eine Duldungsa...