Rz. 35
Technische Einrichtungen im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG liegen vor, wenn eine Einrichtung dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung des Arbeitnehmers zu überwachen. Die Überwachung vollzieht sich durch die Ermittlung der Daten, die Verarbeitung und schließlich die Beurteilung der Daten. Das Mitbestimmungsrecht wird bereits dann ausgelöst, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Überprüft der Arbeitgeber mittels GPS den Standort des Arbeitnehmers mit einem Dienstwagen oder Dienstfahrzeug und speichert er diese Daten, kann er genaue Bewegungsmuster des Arbeitnehmers festhalten, speichern und kontrollieren. Damit ist das GPS dazu geeignet und bestimmt, das Verhalten und die Leistung eines Arbeitnehmers zu überwachen. Mitbestimmungspflichtig sind daher die Einführung eines solchen Überwachungssystems, die Erfassung der Daten sowie die Speicherung und spätere Verwendung der Daten.
Nicht der Mitbestimmungspflicht des Betriebsrates unterfällt der Einsatz eines Routenplaners zu Abrechnungszwecken mangels Angaben zu tatsächlich zurückgelegten Wegstrecken. Der Routenplaner kann allein mögliche Wegstrecken aufzeichnen, so dass eine Vergleichbarkeit mit einem GPS-System, welches eine Aufzeichnung von Informationen über das Fahrverhalten in Echtzeit aufnimmt, nicht vorliegt. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden.
Rz. 36
Die Bewegungsdaten, die mittels GPS erhoben werden, sind verhaltens- oder leistungserhebliche Daten. Sie erlauben es dem Arbeitgeber festzustellen, wann der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit aufgenommen hat, wo er sich aufhält und in welchem Umfang er sie mit seinem Dienstfahrzeug aufgenommen hat. Insoweit funktioniert das GPS ähnlich wie auch ein Fahrtenschreiber, jedoch mit weitergehenden Möglichkeiten, für die das Bundesarbeitsgericht bereits mit seiner Entscheidung vom 10.7.1979 anerkannt hat, dass die nicht gesetzlich vorgeschriebenen Fahrtenschreiber ein Mitbestimmungsrecht auslösen. Da für die Anwendung des GPS keine gesetzliche Verpflichtung besteht, führt dies regelmäßig zur Begründung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
Das Mitbestimmungsrecht scheidet daher auch nicht aus, wenn der Arbeitgeber ein lediglich privates, außerbetriebliches Verhalten des Arbeitnehmers kontrolliert, ohne dass es unmittelbar für die Erfüllung im Arbeitsverhältnis erheblich ist. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Dienstwagen zur rein privaten Nutzung überlässt und der Arbeitnehmer den Dienstwagen nicht für betriebliche Zwecke, sondern privat und für die Anfahrt zum Arbeitsplatz nutzt. Eine Überwachung mittels GPS kann sich aber stets auch auf das Arbeitsverhältnis und damit auf betriebliches Verhalten auswirken. Die vertragswidrige Verwendung des Wagens oder sonstiges durch GPS nachgewiesenes Fehlverhalten kann sich durch eine Kündigung auswirken, außerdem ist die Gewährung eines Dienstwagens stets Arbeitsvergütung und damit geeignet, das Verhalten im Arbeitsverhältnis zu beeinflussen. Verwendet der Arbeitgeber dann das GPS, um den Standort des Kfz zu bestimmen oder um es im Fall eines Verlustes wieder aufzufinden, löst dies das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus, da das Verhalten des Arbeitnehmers mit Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis kontrolliert werden kann.
Rz. 37
Eine Ausnahme vom Mitbestimmungsrecht besteht lediglich dann, wenn der Arbeitgeber die GPS-Daten anonymisiert. Verwendet er die durch das GPS vermittelten Daten ohne Bezugnahme auf den Arbeitnehmer, um den Standort eines Gegenstandes zu bestimmen, und lassen sich hieraus keine Rückschlüsse auf den betroffenen Arbeitnehmer ziehen, lässt sich das Verhalten und die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers nicht mehr überwachen. Dies dürfte technisch jedoch nur sehr schwer möglich sein, da mit dem GPS in aller Regel auch die Fahrzeugdaten übermittelt werden, so dass nachvollzogen werden kann, welcher Arbeitnehmer den Dienstwagen bewegt hat.