I. Geschäftsgebühr
Rz. 79
Für die außergerichtliche Tätigkeit erhält der Rechtsanwalt die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG.
Von besonderem Interesse ist dabei das über die bloße Beratung hinausgehende "Betreiben eines Geschäfts" für den Mandanten durch den Rechtsanwalt. Ein solches liegt immer dann vor, wenn der Anwalt nach außen hin tätig wird. Besteht die Tätigkeit des Rechtsanwalts ausschließlich in einer Besprechung mit der Gegenseite oder auch mit einem Dritten, fällt die Geschäftsgebühr ebenfalls an, auch wenn ein Schriftwechsel nicht geführt worden ist. Die Höhe der Geschäftsgebühr ist geregelt in Nr. 2300 VV RVG und liegt grundsätzlich bei 0,5 bis 2,5. Dabei ist der Begriff "Betreiben des Geschäfts" weit auszulegen. Nach Ansicht des BGH ist hiervon auch eine umfassende Prüfung der Erfolgsaussicht umfasst, und zwar dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechts- und Beweislage umfassend durchdringen müsse, da sich dann der Bearbeitungsaufwand von dem bei einer vorgerichtlichen Interessenwahrnehmung nicht unterscheidet.
Rz. 80
Bei der Bearbeitung eines Mandats kann in der Regel eine Mittelgebühr von 1,3 angesetzt werden, eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 hingegen nur dann, wenn die vorgenommene anwaltliche Tätigkeit sich als besonders umfangreich, schwierig oder überdurchschnittlich kompliziert erwiesen hat.
Rz. 81
Bei der Beurteilung, ob es sich um eine besonders umfangreiche Tätigkeit gehandelt hat, ist in erster Linie auf den zeitlichen Aufwand abzustellen. Die Intensität der Tätigkeit bleibt unberücksichtigt. Maßgeblich ist allein, ob es dem Rechtsanwalt durch die Bearbeitung des Mandats unmöglich war, sich anderen Angelegenheiten zu widmen. In diesem Zusammenhang sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
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die eigentliche Bearbeitung der Angelegenheit |
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Studium umfangreicher Nachlassakten bzw. Vorkorrespondenz, um sich in die Sache einzuarbeiten |
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die Erstellung von Schreiben bzw. Schriftsätzen |
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die Wahrnehmung von Terminen sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich |
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die Mandantengespräche. |
Rz. 82
Maßgeblich, ob eine Tätigkeit als schwierig bezeichnet werden kann, ist die Intensität der Arbeit. Hier ist ein objektiver Maßstab anzulegen. Ob der Rechtsanwalt besondere Schwierigkeiten bei der Bearbeitung hat (z.B. mangels Berufserfahrung) ist ebenso unerheblich wie eine besondere Spezialisierung (Fachanwalt). Sowohl rechtliche als auch tatsächliche Schwierigkeiten sind zu berücksichtigen.
Tatsächliche Schwierigkeiten können sein:
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Probleme bei der Aufklärung des Sachverhalts |
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Schwierigkeiten bei der Informationsbeschaffung |
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Auswertung von Akten |
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Mühsame Verständigung mit dem Mandanten und/oder Gegner (z.B. der Mandant kommt jeden Tag mit neuen Ideen). |
Ist die Rechtslage objektiv ungeklärt, weil beispielsweise neue Gesetze noch nicht kommentiert sind oder Rechtsfragen durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt wurden, können sich hieraus rechtliche Schwierigkeiten ergeben. Dies gilt auch für Fragen, die in der Literatur und in der Rechtsprechung kontrovers diskutiert werden.
Rz. 83
Bei erbrechtlichen Mandaten ist die Tätigkeit in der Regel schwierig und umfangreich. Eine 1,5 Gebühr dürfte daher sehr häufig angemessen sein. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Erhöhung einer Gebühr von 1,3 um 20 % einer gerichtlichen Überprüfung entzogen ist. Somit ergibt sich eine Gebühr von 1,56. Diesbezüglich steht dem Rechtsanwalt somit ein Spielraum von 20 % zu, der gerichtlich nicht überprüft werden kann. Der Rechtsanwalt muss jedoch sein Ermessen bei der Wahl der Gebühr pflichtgemäß ausgeübt haben. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Gebührensatz von bis zu 1,56-Gebühr der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist.
Um Streitigkeiten in diesem Bereich vorzubeugen ist anzuraten, auch hier eine Vergütungsvereinbarung mit dem Mandanten abzuschließen.
Rz. 84
Mit der Geschäftsgebühr sind alle mit der Angelegenheit zusammenhängenden Tätigkeiten abgegolten. Hierunter fallen auch beispielsweise die nachstehenden Tätigkeiten:
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Entgegennahme der Information |
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Besprechungen mit dem Mandanten oder Dritten |
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Ortstermine |
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Einsicht in die Nachlassakten |
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Einsicht in Grundbücher |
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Einsicht ins sonstige Register. |
Rz. 85
Nach der früheren Regelung des § 118 BRAGO erhielt der Rechtsanwalt für den Entwurf von Urkunden eine Geschäftsgebühr. Die Regelung in Nr. 2300 VV RVG –Mitwirkung an der Gestaltung eines Vertrages – umfasst die Errichtung eines Einzeltestaments demgemäß nicht mehr. Das Entwerfen einer (einseitigen) Erklärung löst keine Geschäftsgebühr aus. Aufgrund des Wortlauts kann lediglich eine Beratung nach § 34 RVG abgerechnet werden. Diese ist gegenüber Verbrauchern auf 250 EUR begrenzt. Damit ist jedoch weder der Arbeitsaufwand noch das Risiko des Anwalts abgegolten. Es wird daher die Ansicht vertreten, dass für den Entwurf eines Einzeltestamentes weiterhin eine Geschäftsgebühr in Rechnung gestellt werden kann. Die Erstellung eines Erbvertrages sowie eines gemeinschaftli...