Rz. 40

Der Bedarf der Kindsmutter berechnet sich grundsätzlich danach, was die Kindsmutter ohne die Geburt heute verdienen würde (vgl. Fall 23, siehe § 5 Rdn 1 ff.).

 

BGH, Beschl. v. 10.6.2015 – XII ZB 251/14 Tz. 34 = BeckRS 2015, 11758

Die Lebensstellung des nach den §§ 1615l Abs. 2, 1610 Abs. 1 BGB Unterhaltsberechtigten richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte. Sie ist deshalb nicht auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes festgeschrieben, so dass sich später ein höherer Bedarf ergeben kann (teilweise Aufgabe der Senatsurteile BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 und vom 13.1.2010 – XII ZR 123/08, FamRZ 2010, 444). (amtlicher Leitsatz)

 

BGH, Beschl. v. 15.5.2019 – XII ZB 357/18 Rn 50 f.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht bei der Bemessung des Unterhalts die Mieteinnahmen der Antragstellerin unberücksichtigt gelassen hat. Diese hat die Antragstellerin nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auch schon vor der Geburt des zu betreuenden Kindes erzielt. Der von der Antragstellerin geltend gemachte Betreuungsunterhalt beruht demgegenüber allein auf der – betreuungsbedingten – Reduzierung ihres Erwerbseinkommens. Zu Recht stellt das Oberlandesgericht deshalb maßgeblich darauf ab, dass die Mieteinnahmen unabhängig von der Betreuung erzielt werden.

Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB rechtfertigt sich ausschließlich daraus, dass von der Mutter wegen der Kinderbetreuung eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Deshalb ist ihr der betreuungsbedingte Ausfall ihres Erwerbseinkommens als Unterhalt zuzusprechen. Hierbei handelt es sich nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts allein um das Lehrergehalt der Antragstellerin. Demgemäß hat das Oberlandesgericht zu Recht den – zunächst ungekürzten – Bedarf der Antragstellerin bezogen auf ihr Lehrergehalt zugrunde gelegt und nicht etwa noch die durchschnittlichen Einnahmen aus Vermietung hinzugerechnet. Auch die Rechtsprechung des Senats zur Halbteilung stellt auf das Einkommen des Unterhaltsberechtigten ab (vgl. Senatsurteil vom 15.12.2004 – XII ZR 121/03, FamRZ 2005, 442, 443). Sofern – wie im Regelfall – allein der Ausfall des Erwerbseinkommens in Rede steht, spielen sonstige, mit der Betreuung nicht zusammenhängende Vermögenseinkünfte des Unterhaltsberechtigten wie etwa Mieteinnahmen oder – der hier ebenfalls auf Seiten der Antragstellerin bestehende – Wohnvorteil weder eine Rolle für die Bedarfsbemessung noch für die Bedürftigkeit.

 

Rz. 41

NeKM hatte vor der Geburt ein Nettoeinkommen von 1.200 EUR und würde heute auch ohne die Geburt nicht mehr verdienen. Nach Abzug des Eigeneinkommens von 600 EUR verbleibt ein Restbedarf von 600 EUR.

 

Rz. 42

Die Kindsmutter darf jedoch nicht besser stehen als sie stünde, wenn sie mit dem Kindsvater verheiratet wäre (vgl. Fall 23, siehe § 5 Rdn 1 ff.). Es ist deshalb fiktiv der Ehegattenunterhalt zu berechnen.

 

Fiktiver Ehegattenunterhalt:

Der eben bestimmte Kindesunterhalt (Zahlbetrag, nicht Tabellenbetrag) ist zunächst vom Einkommen des M abzuziehen.

2.700 EUR (bereinigtes Nettoeinkommen des M) – 326,50 EUR (Zahlbetrag Kindesunterhalt) = 2.396 EUR

Diese 2.373,50 EUR fließen in die Berechnung des fiktiven Ehegattenunterhalts der neKM ein.

Halbteilungsgrundsatz:

Erwerbstätigenbonus: 2.373,50 EUR × 10 % = 237 EUR

Bedarfsbestimmendes Einkommen: 2.373,50 – 237 EUR = 2.136,50 EUR

(fiktives) bereinigtes Nettoeinkommen der neKM: 600 EUR

Erwerbstätigenbonus: 600 EUR × 10 % = 60 EUR

(fiktives) bedarfsbestimmendes Einkommen: 600 – 60 EUR = 540 EUR

Halbteilungsgrundsatz:

(fiktiver) Bedarf, wenn neKM mit M verheiratet bzw. verheiratet gewesen wäre: ½ aus 2.136,50 + 540 EUR = 1.338,50 EUR

 

Rz. 43

Dieser Bedarf von 1.338,50 EUR ist höher als der nach dem früheren bzw. hypothetischen Einkommen der neKM bestimmte Bedarf von 1.200 EUR. Deshalb ist der durch das frühere Einkommen der neKM vorgegebene Bedarf maßgebend für ihren Unterhalt. Der Bedarf beträgt also 1.200 EUR.

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