Rz. 35

 

Beispiele

Fremdbetreuung nicht gesichert
individuelle Umstände auf Seiten des Kindes (Behinderung oder schwere Erkrankung)
 

BGH, Urt. v. 13.1.2010 – XII ZR 123/08

Insbesondere nach Maßgabe der im Gesetz ausdrücklich genannten kindbezogenen Gründe ist unter Berücksichtigung der bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung (§ 1615l Abs. 2 Satz 5 BGB) ein gestufter Übergang bis hin zu einer Vollzeiterwerbstätigkeit möglich (zum nachehelichen Betreuungsunterhalt vgl. Urt. v. 17.6.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391, 1393 f. m.w.N.).

 

Rz. 36

Einerseits sind Fremdbetreuungsmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen und ersetzen in ihrem Betreuungsbereich die persönliche Betreuung.

 

BGH, Urt. v. 17.6.2009 – XII ZR 102/08

Die Obliegenheit zur Inanspruchnahme einer kindgerechten Betreuungsmöglichkeit findet erst dort ihre Grenze, wo die Betreuung nicht mehr mit dem Kindeswohl vereinbar ist, was jedenfalls bei öffentlichen Betreuungseinrichtungen wie Kindergärten, Kindertagesstätten oder Kinderhorten regelmäßig nicht der Fall ist (BGH, Urteile vom 6.5.2009 – XII ZR 114/08, FamRZ 2009, 1124, 1126 Tz. 30 und vom 18.3.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770, 772 f. Tz. 25 f. m.w.N.).

In dem Umfang, in dem das Kind nach Vollendung des dritten Lebensjahres eine Betreuungseinrichtung besucht oder unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse besuchen könnte, kann sich der betreuende Elternteil also nicht mehr auf die Notwendigkeit einer persönlichen Betreuung des Kindes berufen. Das beschränkt sich nicht auf einen rein zeitlichen Aspekt, sondern erstreckt sich auch auf den Umfang (inhaltlicher Aspekt) der möglichen Betreuung. Umfasst etwa die mögliche Betreuung von Schulkindern in einem Hort auch die Hausaufgabenbetreuung, bleibt auch insoweit für eine persönliche Betreuung durch einen Elternteil kein Bedarf.

 

Rz. 37

Andererseits kann aber nicht jeder Betreuungsbedarf durch Fremdbetreuung befriedigt werden und trotz Fremdbetreuung kann ein zusätzlicher Bedarf an persönlicher Betreuung bestehen.

 

BGH, Urt. v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08

Neben der grundsätzlichen Betreuungsbedürftigkeit minderjähriger Kinder können auch sonstige kindbezogene Gründe, wie z.B. schwere Krankheiten, die im Rahmen einer Betreuung in kindgerechten Einrichtungen nicht aufgefangen werden können, für eine eingeschränkte Erwerbspflicht und damit für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts sprechen. Auch insoweit sind die individuellen Umstände des jeweiligen Falles zu beachten.

Auffassungen, die an das frühere Altersphasenmodell anknüpfen und eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts allein vom Kindesalter abhängig machen, sind nicht haltbar.

Selbst wenn ein Kind ganztags in einer kindgerechten Einrichtung betreut und erzogen wird, was dem betreuenden Elternteil grundsätzlich die Möglichkeit zu einer Vollzeittätigkeit einräumen würde, kann sich bei Rückkehr in die Familienwohnung ein weiterer Betreuungsbedarf ergeben, dessen Umfang im Einzelfall unterschiedlich sein kann. Dann ist eine Prüfung geboten, ob und in welchem Umfang die Erwerbsobliegenheit des unterhaltsberechtigten Elternteils trotz der Vollzeitbetreuung des Kindes noch eingeschränkt ist.

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