Rz. 36
In der Zwangsversteigerung werden die Ansprüche der betreibenden Gläubiger, aber auch die Ansprüche anderer Beteiligter, die ihre Forderungen nur anmelden müssen, in neun Rangklassen unterteilt, § 10 Abs. 1 ZVG. Neben diesen Rangklassen sind vorweg aus dem Versteigerungserlös die Verfahrenskosten des Gerichts zu entnehmen, § 109 ZVG, und hinter alle Ansprüche fallen diejenigen zurück, die verspätet angemeldet wurden, § 110 ZVG.
Rz. 37
& Rangklasse 0:
Die gerichtlichen Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens werden vorweg aus dem Versteigerungserlös entnommen, § 109 Abs. 1 ZVG. Sie stehen außerhalb der Rangordnung vor den übrigen Ansprüchen. Aufgrund landesrechtlicher Bestimmungen, die auch heute noch Gültigkeit haben, sind vorweg auch solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die der Staat zur Abwendung dringender Gefahr aufgewandt hat, weil der Eigentümer eines Gebäudes seine Pflichten zur Unterhaltung und Wiederherstellung versäumt hat und ein Einsturz oder eine Gefahr für das Publikum bestanden hat, Art. 111 EGBGB, § 2 EGZVG, Art. 30 PrAGZVG i.V.m. §§ 38, 40, 43 PreußALR. Nicht zu diesen bevorrechtigten Ansprüchen gehören die Aufwendungen des Staates für Sanierungskosten, z.B. beim Bodenaustausch eines ölverseuchten Geländes.
Rz. 38
& Rangklasse 1:
Hat eine parallel laufende Zwangsverwaltung bis zum Zuschlag in der Zwangsversteigerung fortgedauert, können Ausgaben, die zur Erhaltung oder notwendigen Verbesserung des Grundstücks dienen und aus den Nutzungen der Zwangsverwaltung nicht gedeckt werden können, zum Zwangsversteigerungsverfahren angemeldet werden. Hierzu gehört auch ein Verfahrensvorschuss, den der Gläubiger in der Zwangsverwaltung auf Aufforderung durch den Verwalter oder das Gericht zur Fortsetzung des Verfahrens leisten musste, § 161 Abs. 3 ZVG.
Rz. 39
Dabei reicht es nicht aus, dass die Ausgaben zur Erhaltung oder Verbesserung des Grundstücks bestimmt sind; sie müssen auch zweckentsprechend verwendet worden sein. Ist eine angemessene Wertsteigerung nicht erfolgt, so besteht das Vorrecht nicht. Dass eine Wertsteigerung nicht erfolgt sei, muss derjenige beweisen, der das Vorrecht bestreitet.
Rz. 40
Zu den Ausgaben zur Erhaltung oder nötigen Verbesserung des Grundstücks gehören Ausgaben für notwendige Gebäudereparaturen, Ergänzungs- und Umbauarbeiten, die Vollendung steckengebliebener Bauten, Vorschüsse zur Bezahlung von Versicherungen, die beschlagnahmte Gegenstände betreffen, Zinsaufwendungen des Gläubigers für die Beschaffung des Vorschusses. Vorschüsse für Hausgeld bei Wohnungs- oder Teileigentum haben nur Vorrang, soweit sie der Erhaltung oder Verbesserung des Wohnungs- oder Teileigentums dienen; die Vergütung des Zwangsverwalters kann hier nur berücksichtigt werden, soweit er in Bezug auf das Sondereigentum, nicht das Gemeinschaftseigentum, tätig geworden ist. Vorschüsse für Instandsetzungs-, Ergänzungs- und Umbauarbeiten an Gebäuden sind mit 0,5 % über dem Zinssatz der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank (SFR-Zinssatz) zu verzinsen, § 155 Abs. 3 ZVG.
Rz. 41
Das Vorrecht der Rangklasse 1 kann in der Zwangsversteigerung nur beansprucht werden, wenn die Zwangsverwaltung (auch durch einen anderen Gläubiger betrieben) bis zum Zuschlag angedauert hat. Soweit das Vorrecht nicht besteht, können die Auslagen als Kosten der Rechtsverfolgung im Range des Hauptanspruchs berücksichtigt werden, §§ 10 Abs. 2, 12 Nr. 1 ZVG.
Rz. 42
Die Ansprüche müssen, da sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind, rechtzeitig angemeldet und auf Verlangen glaubhaft gemacht werden (§§ 37 Nr. 4, 45 Abs. 1, 110, 114 Abs. 1, 156 Abs. 2 S. 4 ZVG). Einwendungen sind von den Beteiligten durch Widerspruch geltend zu machen, § 115 ZVG.
Rz. 43
& Rangklasse 1a:
Mit Inkrafttreten der InsO am 1.1.1999 wurde § 10 Abs. 1 ZVG um die Rangklasse Nr. 1a erweitert:
Zitat
"im Falle einer Zwangsversteigerung, bei der das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet ist, die zur Insolvenzmasse gehörenden Ansprüche auf Ersatz der Kosten der Feststellung der beweglichen Gegenstände, auf die sich die Versteigerung erstreckt; diese Kosten sind nur zu erheben, wenn ein Insolvenzverwalter bestellt ist, und pauschal mit vier vom Hundert des Wertes anzusetzen, der nach § 74a Abs. 5 Satz 2 ZVG festgesetzt worden ist."
Rz. 44
Mit dieser Regelung werden der Insolvenzmasse die Kosten erstattet, die durch die Feststellung des mithaftenden Grundstückszubehörs entstehen, §§ 20, 21 ZVG i.V.m. §§ 1120 bis 1122 BGB. Hierdurch werden auch die ungesicherten Gläubiger geschützt, die nicht die Vorteile der absonderungsberechtigten Gläubiger genießen.
Rz. 45
Hinweis
Durch Einfügung von § 174a ZVG wird dem Insolvenzverwalter das Recht eingeräumt, bis zum Schluss der Verhandlung im Versteigerungstermin zu verlangen, dass bei der Feststellung des geringsten Gebots nur die Ansprüche berücksichtigt werden, die dem Anspruch aus § 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG vorgehen. In diesem Fall kommt es zu einem Doppelau...