a) Der gerichtlich gebilligte Vergleich
Rz. 312
§ 156 Abs. 2 FamFG regelt den gerichtlich gebilligten Vergleich:
Zitat
"(2) -1-Erzielen die Beteiligten Einvernehmen über den Umgang oder die Herausgabe des Kindes, ist die einvernehmliche Regelung als Vergleich aufzunehmen, wenn das Gericht diese billigt (gerichtlich gebilligter Vergleich). -2-Das Gericht billigt die Umgangsregelung, wenn sie dem Kindeswohl nicht widerspricht."
Der gerichtlich gebilligte Vergleich stellt – ebenso wie eine gerichtliche Entscheidung oder ein gerichtlich protokollierter Vergleich einen Vollstreckungstitel dar, § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
Da zu den Beteiligten auch das Kind und ggf. das Jugendamt oder der Verfahrensbeistand gehören, ist deren Zustimmung zur Billigung des Vergleichs durch das Gericht ebenfalls erforderlich.
Rz. 313
Im RVG hat der Gesetzgeber den "gerichtlich gebilligten Vergleich" gebührenrechtlich in Nr. 1003 VV RVG Abs. 2 der Anmerkung erfasst:
Absatz 2 der Anmerkung zu Nr. 1003 VV RVG lautet wie folgt:
Zitat
"(2) In Kindschaftssachen entsteht die Gebühr auch für die Mitwirkung am Abschluss eines gerichtlich gebilligten Vergleichs (§ 156 Abs. 2 FamFG) und an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, wenn hierdurch eine gerichtliche Entscheidung entbehrlich wird oder wenn die Entscheidung der getroffenen Vereinbarung folgt."
Rz. 314
Der Gesetzgeber hielt eine entsprechende Aufnahme in Nr. 1003 VV RVG für erforderlich (obwohl ansonsten die Tatbestandsmerkmale der Einigungsgebühr in Nr. 1000 VV geregelt sind), weil mit dem FamFG in § 156 Abs. 2 das Institut des gerichtlich gebilligten Vergleichs eingeführt wurde, der nur in einer laufenden Kindschaftssache hinsichtlich des Umgangsrechts geschlossen werden kann.
b) Einigung über das Sorgerecht
Rz. 315
Es war in den vergangenen Jahren oft strittig, ob bei einer Einigung über das Sorgerecht eine Einigungsgebühr entstehen kann, wobei die h.M. den Anfall einer Einigungsgebühr bejaht hat.
Auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber 2004 in § 48 Abs. 3 RVG die Erstreckung der Beiordnung auf eine Einigung im Sinne der Nr. 1000 VV über Sorge- und Umgangsrecht aufgenommen hatte, sprach dafür, dem Rechtsanwalt bei einer entsprechenden Einigung die Einigungsgebühr zuzubilligen.
Rz. 316
Mit der FGG-Reform wurde Abs. 5 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG klarstellend wie folgt gefasst:
Zitat
"Die Gebühr entsteht nicht in Ehesachen und in Lebenspartnerschaftssachen (§ 269 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FamFG). Wird ein Vertrag, insbesondere über den Unterhalt, im Hinblick auf die in Satz 1 genannten Verfahren geschlossen, bleibt der Wert dieser Verfahren bei der Berechnung der Gebühr außer Betracht. In Kindschaftssachen ist Absatz 1 Satz 1 und 2 auch für die Mitwirkung an einer Vereinbarung, über deren Gegenstand nicht vertraglich verfügt werden kann, entsprechend anzuwenden."
Rz. 317
Der Gesetzgeber begründet die Anfügung des Satz 2 in Absatz 5 der Anmerkung zu Nr. 1000 VV RVG wie folgt:
Zitat
"Mit dem neuen Absatz 5 Satz 2 soll nunmehr im Gesetz ausdrücklich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Einigungsgebühr in Kindschaftssachen auch dann entstehen kann, wenn die Beteiligten nicht vertraglich über den Gegenstand der Einigung verfügen können. Dies unterstreicht die besondere Bedeutung der Streit vermeidenden Einigung gerade in Kindschaftssachen und entspricht der derzeitigen Rechtsprechung."
Rz. 318
In der neueren Rechtsprechung wird der Anfall einer Einigungsgebühr in Sorgerechtsverfahren auch entsprechend überwiegend bejaht.
Die Festsetzung einer Einigungsgebühr kommt nach Ansicht des OLG Düsseldorf in Verfahren nach § 1666 BGB jedoch nicht in Betracht Bei § 1666 BGB handelt es sich um gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls, wie z.B.
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Gebote, öffentliche Hilfen, wie z.B. Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, |
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Gebote für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen, |
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Verbote, vorrübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält, |
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Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen, |
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die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge oder |
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die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge, § 1666 Abs. 3 Nr. 1 bis 6 BGB. |
Rz. 319
Auch das OLG Düsseldorf weist in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hin, dass in Sorgerechtsverfahren nach §§ 1671, 1672 BGB eine Einigungsgebühr sehr wohl entstehen kann. Die Einigungsgebühr in Kinderschutzverfahren nach § 1666 BGB wird vom OLG Düsseldorf verneint, weil in derartigen Verfahren der Staat sein Wächteramt über das Kindeswohl nach Art. 6 Abs. 2 S. 3 GG wahrnimmt, das den Jugendämtern und Familiengerichten übertragen ist und in derartigen Verfahren weder das Familiengericht noch das Jugendamt Vergleichsabschlüsse tätigen können. Weiter weist das OLG Düsseldorf dar...