1. Beschwerde und Rechtsbeschwerde – verfahrensrechtliche Darstellung
Rz. 752
Nach dem FamFG ergehen Endentscheidungen des Familiengerichts grundsätzlich durch Beschluss. Damit entfielen auch die nach der ZPO geläufigen Rechtsmittel Berufung und Revision. An ihre Stelle traten vielmehr Beschwerde und Rechtsbeschwerde. Bevor auf die einzelnen Gebühren eingegangen wird, soll kurz ein Abriss über das neue Verfahrensrecht im Rechtsmittelverfahren gegeben werden.
Rz. 753
Die grundsätzliche Statthaftigkeit der Beschwerde regelt § 58 FamFG. Sie ist statthaft:
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gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amts- und Landgerichte in FamFG-Angelegenheiten; sofern nichts anderes bestimmt ist |
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auch gegen nicht selbstständig anfechtbare Entscheidungen, die der Entscheidung vorausgegangen sind. |
Rz. 754
Hinweis
Nach Auffassung des Gesetzgebers schreibt § 58 Abs. 2 FamFG die bereits auf der Grundlage des geltenden Rechts vertretene Auffassung, die Fehlerhaftigkeit von Zwischenentscheidungen könne noch mit der Endentscheidung gerügt werden, ausdrücklich gesetzlich fort. Der Entscheidung vorausgegangen und mit ihr anfechtbar sind z.B. Beweis-, Verbindungs- und Trennungsbeschlüsse.
Rz. 755
Gegen Beschlüsse des Familiengerichts steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist, § 59 Abs. 1 FamFG.
Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu, § 59 Abs. 2 FamFG.
Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes, § 59 Abs. 3 FamFG. Zu nennen wären hier die Beschwerdeberechtigung des Jugendamtes in Kindschafts-, Abstammungs-, Adoptions- und Wohnungszuweisungssachen nach §§ 162 Abs. 3, 176 Abs. 2, 194 Abs. 2, 205 Abs. 2 FamFG.
Ein Beschwerderecht steht auch Minderjährigen zu, für die die elterliche Sorge besteht oder für einen unter Vormundschaft stehenden Mündel; diese können ihr Beschwerderecht in allen sie betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung ihrer gesetzlichen Vertreter ausüben, § 60 FamFG, wenn sie nicht geschäftsunfähig und das 14. Lebensjahr vollendet haben; dies gilt auch, wenn das Kind oder der Mündel vor einer Entscheidung des Gerichts gehört werden soll.
Rz. 756
In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR übersteigt, § 61 Abs. 1 FamFG.
Rz. 757
Übersteigt der Beschwerdegegenstand 600 EUR nicht, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat, § 61 Abs. 2 FamFG. Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde nach § 61 Abs. 3 FamFG zu, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Beschwerdegerichts erfordert und |
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der Beteiligte durch den Beschluss mit nicht mehr als 600 EUR beschwert ist. |
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
Rz. 758
Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, § 62 FamFG.
Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn
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schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder |
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eine Wiederholung konkret zu erwarten ist. |
Rz. 759
Die Beschwerdefrist beträgt, soweit nichts anderes geregelt ist, 1 Monat!
Die Beschwerdefrist beträgt 2 Wochen, wenn sie sich gegen eine Endentscheidung im einstweiligen Anordnungsverfahren oder Entscheidungen über Anträge, die die Genehmigung eines Rechtsgeschäfts zum Gegenstand haben, richtet, vgl. § 63 FamFG. Einstweilige Anordnungen sind jedoch nur in sehr eingeschränkten Fällen mit der Beschwerde anfechtbar, siehe dazu auch § 57 FamFG.
Rz. 760
Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten, § 63 Abs. 3 S. 1 FamFG. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses, § 63 Abs. 3 S. 2 FamFG.
Rz. 761
Hinweis
Die Beschwerde wird bei dem Gericht eingelegt, dessen Beschluss angefochten wird, in Familiensachen daher beim Amtsgericht. Keine Einlegung beim Beschwerdegericht, § 64 Abs. 1 S. 1 FamFG. Die Beschwerdebegründung ist jedoch an das OLG zu richten. Auf die Wahl des richtigen Gerichts-Servers zu bei der Adressierung zu achten.
Anträge auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Beschwerde sind bei dem Gericht einzulegen, dessen Beschluss angefochten werden soll, § 64 Abs. 1 S. 2 FamFG.
Rz. 762
Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eingelegt, § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG. Sie muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses enthalten, § 64 Abs. 2 S. 1 FamFG ...