Rz. 432

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt wie § 852 Abs. 1 BGB a.F. voraus, dass ein Schaden überhaupt schon entstanden ist. Gerade der Schadenseintritt ist das Ereignis, von dem an der Geschädigte mit Ersatzansprüchen und hierfür laufenden Fristen rechnen muss.[411] Die rechtliche Möglichkeit einer Feststellungsklage bestimmt nicht schon den Zeitpunkt der Schadenentstehung; erst zukünftiger Schaden ist i.S.v. § 198 S. 1 BGB noch nicht entstanden.[412]

 

Rz. 433

Auch grob fahrlässige Unkenntnis schadet ab dem 1.1.2002.[413]

[411] OLG Zweibrücken v. 21.10.1997 – 5 U 56/95 – VersR 1998, 1286 m.w.N.
[412] OLG Zweibrücken v. 21.10.1997 – 5 U 56/95 – VersR 1998, 1286 unter Hinweis auf BGH v. 23.3.1987 – II ZR 190/86 – BGHZ 100, 228 = DB 1987, 1478 = MDR 1987, 644 = NJW 1987, 1887 = NJW-RR 1987, 925 (nur Ls.).
[413] BGH v. 23.1.2007 – XI ZR 44/06 – BGHReport 2007, 430 = BGHZ 171, 1 = DStR 2007, 685 (Anm. Goette, DStR 2007, 821) = NJW 2007, 1584 (Anm. Witt) = VersR 2007, 1090 = WM 2007, 639 = ZIP 2007, 624.

a) Schadenseinheit

 

Rz. 434

 

Hinweis

Rdn 334, 340; § 2 Rdn 1440 ff.

 

Rz. 435

Nicht erforderlich ist die Kenntnis vom Umfang des Schadens und seiner einzelnen Schadenfolgen. Der Schaden ist eine Einheit: Die Verjährungsfrist beginnt für den gesamten Schaden – auch hinsichtlich künftiger Beeinträchtigungen – mit dem Eintritt des Schadenereignisses. Der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden stellt sich verjährungsrechtlich nicht als Summe einzelner selbstständiger, nicht zusammenhängender Schäden, sondern als Einheit dar, die alle Folgezustände umfasst, die im Zeitpunkt der Erlangung allgemeinen Wissens um den Schaden überhaupt nur als möglich vorauszusehen waren.[414] Es gibt nur einen Anspruch auf Ersatz dieses Schadens und nur eine Verjährungsfrist.[415]

 

Rz. 436

Da der Schaden eine Einheit darstellt, beginnt die Frist schon mit der Kenntnis des Schadens im Allgemeinen und umfasst alle (auch künftigen) Beeinträchtigungen und Schadenfolgen, deren Eintritt im Zeitpunkt der allgemeinen Schadenkenntnis nur als möglich voraussehbar waren.[416] Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist der Eintritt der ersten Schadensfolge. Treten später weitere Folgen hinzu, beginnt die Verjährung nicht von neuem. Nur für solche Spätfolgen, die auch für Fachkreise nicht voraussehbar waren, läuft seit ihrem Bekanntwerden und der Kenntnis des Kausalzusammenhanges mit dem Schadenereignis eine besondere Verjährungsfrist,[417] gerechnet ab dem Tag der tatsächlichen Kenntnis oder des Kennenmüssens.

 

Rz. 437

Für außerhalb dieser Schadenseinheit liegende Schadenfolgen verbleibt es bei § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Für den Beginn der Verjährung eines auf Ersatz solcher Schäden gerichteten Anspruchs kommt es auf den Kenntnisstand des Geschädigten selbst an.

[414] BGH v. 27.2.2020 – VII ZR 151/18 – BGHZ 225, 23 = MDR 2020, 560 = NJW 2020, 1514 = VersR 2020, 921 = WM 2020, 1130 = ZIP 2020, 1765 (Nach dem verjährungsrechtlich zu beachtenden Grundsatz der Schadenseinheit gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten, sofern mit den einzelnen Schadensfolgen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte. Die Verjährung des Ersatzanspruchs erfasst damit auch solche nachträglich eintretenden Schadensfolgen, die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruchs als möglich voraussehbar waren.); BGH v. 22.2.2018 – VII ZR 253/16 – BauR 2018, 985 = BeckRS 2018, 3359 = FamRZ 2018, 838 (Ls.) = IBR 2018, 362 = MDR 2018, 594 = NJW 2018, 2056 = NJW-Spezial 2018, 268 = NZBau 2018, 347 = VersR 2018, 892 = ZfBR 2018, 359; BGH v. 5.4.2016 – VI ZR 283/15 – MDR 2016, 1265 = NJW-RR 2017, 37 = NZI 2016, 893 = VersR 2016, 1058; BGH v. 8.11.2016 – VI ZR 200/15 – BeckRS 2016, 21188 = MDR 2017, 149 = NZG 2017, 753 = r+s 2017, 98 = VersR 2017, 170 (Für die Beurteilung der Frage, wann der Ausgleichsanspruch eines zum Schadensersatz verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB in Hinblick auf Schäden entstanden ist, die erst nach der Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestands eingetreten sind, ist der Grundsatz der Schadenseinheit heranzuziehen); BGH v. 15.3.2011 – VI ZR 162/10 – MDR 2011, 596 = NJW 2011, 1799 = NJW-Spezial 2011, 266 = SP 2011, 212 = VersR 2011, 682 (Rn 8, m.w.N.); BGH v. 20.10.1959 – VI ZR 166/58 – DB 1959, 1343 = JR 1960, 134 = MDR 1960, 128 = NJW 1960, 380 = VersR 1959, 1045.
[415] BGH v. 15.11.2018 – IX ZR 61/18 – BeckRS 2018, 30860 = openJur 2018, 4625; BGH v. 2.2.2017 – IX ZR 91/15 – AnwBl 2017, 446 = BB 2017, 450 = MDR 2017, 395 = VersR 2017, 693 = ZIP 2017, 617; BGH v. 4.4.1991 – IX ZR 215/90 – BB 1991, 999 = BGHZ 114, 150, 153 = DB 1991, 1320 = MDR 1991, 726 = NJW 1991, 2828 = WM 1991, 1088 = ZIP 1991, 589; BGH v. 23.3.1987 – II ZR 190/86 – BGHZ 100, 228, 232 = DB 1987, 1478 = MDR 1987, 644 = NJW 1987, 1887 = NJW-RR 1987, 925 (nur Ls.) = WM 1987, 648; BGH v. 14.3.1968 – VII ZR 77/65 – BGHZ 50, 21, 23 f. = DB 1968, 848 = MDR 1968, 574 = NJW 1...

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