a) Unterschiedliche Fälligkeiten
Rz. 446
Werden verschiedene Versicherungsleistungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig, kann die Verjährung für jede dieser Leistungen gesondert zu laufen beginnen. Das gilt dann auch für hieran anknüpfende Zinsleistungen.
b) Kenntnisfähigkeit des Verletzten
Rz. 447
Es kommt zunächst auf die Kenntnis des direkt und unmittelbar in seinen Rechten Betroffenen (d.h. des unmittelbar Verletzten bzw. Hinterbliebenen) an.
Rz. 448
Bei schweren Kopfverletzungen kann die für den Verjährungsbeginn maßgebliche Kenntnis des Verletzten für den Unfallzeitpunkt nicht nur durch den Zustand völliger Bewusstlosigkeit ausgeschlossen sein, sondern u.U. auch durch eine bloße Beeinträchtigung des Auffassungs- und Denkvermögens, die dem Verletzten verwehrt, sich sogleich ein für die Erhebung einer Klage ausreichendes und gegebenenfalls alsbald in zumutbarer Weise ergänzendes Bild vom Schaden und der Person des Schädigers zu machen.
c) Kenntnis des Hinterbliebenen
Rz. 449
Rz. 450
Der Anspruch der Hinterbliebenen aus § 844 BGB entsteht bereits mit dem Unfall. Es handelt sich um einen originären Anspruch der anspruchsberechtigten Hinterbliebenen.
Rz. 451
Der Verletzte kann nur über die eigenen Ansprüche vor seinem Tod wirksam verfügen, d.h. z.B. eine Haftungsquote vereinbaren oder die Ansprüche ganz bzw. teilweise abfinden oder aber verjähren lassen. Soweit Ansprüche den Hinterbliebenen originär zustehen (§§ 844, 845 BGB), kann der Verletzten (und später dann Verstorbene) diese nicht beeinträchtigen (§ 2 Rdn 839).
Rz. 452
Weil der Tod als weitere Schadensfolge zunächst noch ungewiss ist, kann die Verjährung des Anspruches aus § 844 BGB bei Auseinanderfallen von Unfall und Tod erst mit dem Tod taggenau (und nicht ab Jahresultimo) zu laufen beginnen. Probleme des Kausalitätsnachweises tangieren nicht den Fristenlauf. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung erst mit der Fälligkeit des Anspruches. Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die sofortige Leistung verlangen kann. Die Verjährung beginnt nicht vor Entstehung des Schadens. Der Vermögensschaden muss bereits eingetreten sein, die bloße Gefährdung reicht nicht aus.
Rz. 453
Auch bei schwerer Vorerkrankung (z.B. Koma) und absehbarem Todeseintritt dürfte keine vorverlagerte Kenntnis vom Schaden anzunehmen sein.
Rz. 454
Für den Direktanspruch (§ 115 Abs. 1 VVG, § 3 Nr. 1 S. 1 PflVG a.F.) ist die Zehnjahresfrist in § 115 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 VVG (§ 3 Nr. 3 S. 2 Hs. 2 PflVG a.F.) zu beachten, die ab dem Unfalltag läuft; die Rechtskrafterstreckung nach § 124 VVG (§ 3 Nr. 8 PflVG a.F.) gilt auch bei Abweisung der Direktklage wegen Verjährung.