Rz. 330

Entstanden ist der Schaden, wenn durch die Verletzungshandlung eine Verschlechterung der Vermögenslage des Verletzten eintritt, ohne dass dabei bereits feststehen muss, dass der Schaden bestehen bleibt und damit endgültig ist. Das bloße Risiko eines Vermögensnachteiles reicht nicht aus.[270]

 

Rz. 331

Die Verjährung beginnt nicht vor Entstehung des Schadens. Der Vermögensschaden muss bereits eingetreten sein, die bloße Gefährdung reicht nicht aus.[271]

 

Rz. 332

Entstehung meint den Zeitpunkt, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann.[272]

 

Rz. 333

Ein Schadensersatzanspruch ist auch dann entstanden, wenn noch nicht alle Einzelheiten des Schadensumfangs, insbesondere die bezifferbare Höhe, bekannt sind.[273] Bei Ansprüchen, die mangels genauer Kenntnis noch nicht beziffert werden können, ist eine Feststellungsklage zur Hemmung der Verjährung zumutbar.[274] Siehe auch Rdn 438 ff.

 

Rz. 334

Entstehung i.S.v. § 199 BGB bedeutet letztlich die Fälligkeit[275] (§ 271 BGB) eines Ersatzanspruches und setzt § 198 S. 1 BGB a.F. fort. Die Verjährung bei Körperverletzungen beginnt für den gesamten Schaden bereits mit der schädigenden Handlung und nicht erst mit der Schadenentstehung;[276] der Schaden stellt eine Einheit dar. Erfasst werden alle Schadenfolgen, deren Eintritt im Zeitpunkt der allgemeinen Schadenkenntnis nur als möglich voraussehbar war.[277] Die volle Übersehbarkeit des Umfanges und der Höhe des Schadens ist für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich. Der Grundsatz der Schadenseinheit (Rdn 434 ff.) beruht auf den Geboten der Rechtsklarheit und -sicherheit; hieraus folgt, dass Ausnahmen von diesem Grundsatz nur in eng begrenzten Fällen akzeptabel sind.[278]

[270] BGH v. 20.6.2000 – IX ZR 434/98 – BB 2000, 1648 (nur Ls.) = DB 2000, 2426 (nur Ls.) = MDR 2000, 1158 (nur Ls.) = NJW-RR 2000, 1658 = VersR 2001, 1524 = WM 2000, 1600; BGH v. 17.2.2000 – IX ZR 436/98 – BB 2000, 951 = DB 2000, 1512 = MDR 2000, 793 = NJW 2000, 1498 = VersR 2001, 909 = WM 2000, 1345. Siehe auch BGH v. 22.2.2007 – IX ZR 4/04 – BRAK-Mitt 2007, 105 (nur Ls.) (Anm. Chab) = openJur 2011, 9065 (Schließt der Anwalt in Vertretung seines Mandanten einen ungünstigen Vergleich, tritt der Schaden bereits mit dem wirksamen Zustandekommen des Vergleiches ein, da der Schaden bereits mit Abschluss des Vergleiches eingetreten ist).
[271] BGH v. 15.10.1992 – IX ZR 43/92 – MDR 1993, 693 = NJW 1993, 648 = VersR 1993, 1358 = WM 1993, 251; BGH v. 23.3.1987 – II ZR 190/86 – BGHZ 100, 228 = DB 1987, 1478 = MDR 1987, 644 = NJW 1987, 1887 = NJW-RR 1987, 925 (nur Ls.).
[272] BGH v. 27.2.2002 – IV ZR 238/00 – MDR 2002, 878 = NJW-RR 2002, 893 = NZV 2002, 227 = r+s 2002, 216 = VersR 2002, 472; BGH v. 17.12.1999 – V ZR 448/98 – NJW-RR 2000, 647; BGH v. 23.3.1987 – II ZR 190/86 – BGHZ 100, 228 = DB 1987, 1478 = MDR 1987, 644 = NJW 1987, 1887 = NJW-RR 1987, 925 (nur Ls.) (Ein Anspruch i.S.v. § 198 BGB a.F. ist entstanden, wenn er erstmals geltend gemacht wird und notfalls im Klagewege geltend gemacht werden kann. Ausreichend ist, dass der Schaden dem Grunde nach entstanden ist, ohne dass seine Höhe beziffert werden braucht.); BGH v. 17.2.1971 – VIII ZR 4/70 – BGHZ 55, 340 = DB 1971, 667 = MDR 1971, 478 = NJW 1971, 979 = WM 1971, 385; OLG München v. 14.10.2016 – 10 U 2269/16 – NZV 2017, 94 = r+s 2017, 273.
[273] OLG München v. 14.10.2016 – 10 U 2269/16 – NZV 2017, 94 = r+s 2017, 273. Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 14 StVG Rn 54b.
[275] Vgl. BGH v. 20.1.1955 – II ZR 108/54 – DB 1955, 139 = MDR 1955, 221 = VersR 1955, 97; OLG Stuttgart v. 3.4.2014 – 7 U 228/13 – openJur 2014, 12531 = zfs 2014, 513 (Zur BUZ-Versicherung).
[276] BT-Drucks 14/6040, S. 109.
[277] BGH v. 5.4.2016 – VI ZR 283/15 – MDR 2016, 1265 = NJW-RR 2017, 37 = NZI 2016, 893 = openJur 2016, 7320 = VersR 2016, 1058; BGH v. 8.11.2016 – VI ZR 200/15 – BeckRS 2016, 21188 = MDR 2017, 149 = NZG 2017, 753 = r+s 2017, 98 = VersR 2017, 170; BGH v. 16.11.1999 – VI ZR 37/99 – DAR 2000, 115 = JurBüro 2000, 331 (nur Ls.) = MDR 2000, 270 = NJW 2000, 861 = NZV 2000, 204 = r+s 2000, 110 = SP 2000, 86 = VersR 2000, 331 = VRS 98, 264 = zfs 2000, 150.
[278] BGH v. 3.6.1997 – VI ZR 71/96 – DAR 1997, 395 = NJW 1997, 2448 = NZV 1997, 395 = r+s 1997, 368 = VersR 1997, 1111 = zfs 1997, 365.

(1) Spätschaden

 

Rz. 335

Zum Spätschaden § 2 Rdn 1414 ff., zur Schadenseinheit Rdn 434 ff.

(2) Fälligkeit

 

Rz. 336

Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die Verjährung regelmäßig erst mit der Fälligkeit des Anspruches. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB führt § 198 S. 1 BGB a.F., der ebenfalls von der "Entstehung des Anspruches" sprach, ohne sachliche Änderung der hierzu ergangenen Rechtsprechung fort.[279]

 

Rz. 337

Fälligkeit bezeichnet den Zeitpunkt, von dem ab der Gläubiger die sofortige Leistung verlangen kann.[280] Die Verjährung beginnt nicht vor Entstehung des Schadens. Der Vermögensschaden muss bereits ein...

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