Rz. 738
Rz. 739
Gerade bei sich langfristig entwickelnden Schäden muss absehbar ein Rechtsfriede eintreten. § 197 Abs. 2 BGB will seinem Schutzzweck nach verhindern, dass regelmäßig wiederkehrende Einzelforderungen des Gläubigers sich mehr und mehr ansammeln und schließlich einen Betrag erreichen, dessen Aufbringung in einer Summe dem Schuldner immer schwerer fällt.
Rz. 740
Es besteht eine Abhängigkeit der für die wiederkehrenden Leistungen geltenden Verjährungsfristen von der für das Stammrecht geltenden Verjährung. Ist das Stammrecht nicht verjährt, können Teilleistungen, insbesondere wiederkehrende Leistungen, trotzdem verjährt sein. Ist bereits das Stammrecht verjährt, erübrigt sich damit die Prüfung der Verjährung aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen der wiederkehrenden Leistung; der Forderung steht insgesamt ein Leistungsverweigerungsrecht entgegen.
Rz. 741
Bei der Abwicklung von Schadenersatzansprüchen erbringt nicht nur der Schadenersatzverpflichtete (bzw. dessen Haftpflichtversicherung) wiederholend Leistungen, sondern vielfach auch SVT, SHT sowie weitere Träger von Drittleistungen (wie beamtenrechtlicher Dienstherr, Arbeitgeber, berufsständischer Versorgung). Auch dieses sind wiederkehrende Leistungen i.S.v. § 197 Abs. 2 BGB, die auch bei unverjährtem Stammrecht einer Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen. Das gilt unabhängig davon, ob es sich bei dem übergegangenen Anspruch des Geschädigten um einen gesetzlichen oder einen vertraglichen Schadenersatzanspruch handelt.
Rz. 742
Die kurze Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F. kann auch Rentengläubigern entgegengehalten werden, die ein Feststellungsurteil über die Pflicht des Schuldners zum Ersatz künftiger Schäden (und damit gegebenenfalls auch zur Zahlung von Schadenersatzrenten) erstritten haben. Der Gesetzeszweck, das übermäßige Anwachsen von Verbindlichkeiten zu verhindern, kann durchaus auch bei Schuldnern relevant sein, die nach den §§ 823 ff. BGB haften.
Rz. 743
Die Verjährung von Zinsansprüchen, Renten und sonstigen regelmäßig wiederkehrenden Leistungen richtet sich nach § 197 Abs. 2 BGB.
Rz. 744
§ 197 BGB gilt ebenso für Ersatz- und Nebenansprüche, die an die Stelle des ursprünglichen Anspruches getreten sind oder ihn ergänzen.
Rz. 745
Vom Rechtsgrund einer Leistung hängt ihre Einbeziehung unter die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen i.S.v. § 197 BGB im Allgemeinen nicht ab.
Rz. 746
§ 197 Abs. 2 BGB enthält keine abschließende Enumeration von bestimmten Leistungen, sondern ist allgemein und generell auf regelmäßig anfallende Beträge anzuwenden. Entscheidend ist die regelmäßige Wiederkehr und nicht die Gleichmäßigkeit des Betrages. Der Anspruch muss sich seiner Natur nach auf Leistungen ausrichten, die in zeitlicher regelmäßiger Wiederkehr zu erbringen sind. Es muss sich um eine Verbindlichkeit handeln, die nur in den fortlaufenden Leistungen besteht und darin ihre charakteristische Erscheinung hat. § 197 BGB will das übermäßige, möglicherweise existenzbedrohende, Anwachsen von Schulden, die aus regelmäßigen Einkünften des Schuldners zu tilgen sind, verhindern.
Rz. 747
"Regelmäßig wiederkehrende Leistungen" sind alle Verbindlichkeiten, die nur in den fortlaufenden Leistungen bestehen und darin ihre charakteristische Erscheinung haben.
Rz. 748
Charakteristisch für eine regelmäßig wiederkehrende Leistung ist, dass sie nach Gesetz oder Parteivereinbarung von vornherein und ihrer Natur nach in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen ist; insbesondere wenn der Gesamtumfang der geschuldeten Leistungen nicht beziffert werden kann, weil der Anspruch zeitabhängig entsteht. Wiederkehrende Leistungen i.S.v. § 197 Abs. 2 BGB verlieren diesen Charakter grundsätzlich nicht dadurch, dass sie in einer Summe ausgeworfen werden. Aus einem Stammrecht müssen periodische Einzelansprüche entstehen, die zeitlich gestreckte Erfüllung einer einzigen Schuld (z.B. Schuldtilgung in Raten) genügt nicht.
Rz. 749
Regelmäßig wiederkehrende Leistungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht einmal, sondern in regelmäßiger zeitlicher Wiederkehr zu erbringen sind; der Gegensatz zur "Regelmäßigkeit" ist letztlich also nur die "Einmaligkeit". Die Regelmäßigkeit der Wiederkehr bezieht sich auf die Zeit, nicht auf die Höhe/Gleichmäßigkeit des Betrags. Voraussetzung ist, dass es sich um eine Verbindlichkeit handelt, die in der fortlaufenden Leistung ihre charakteristische Erscheinung hat. Ein festes zeitliches Schema ist aber nicht erforderlich.
Rz. 750
Vermehrte Bedürfnisse (z.B. Pflegekosten) und Heilbehandlungskosten können, wenn sie in gewissen regelmäßigen Abständen erbracht werden, der kurzen Verjährung unterfallen.
Rz. 751
Auch der Regress nach § 119 SGB X und § 179 Abs. 1a SGB VI (Rdn 928 ff.) unterliegt der kurzen Verjährung von drei Jahren. Sozialversicherungsbeiträge – als zwingender Bestandteil des Lohnes eines abhäng...