I. Berufsbezogene Verjährungsfristen (Altfall)
1. Regelungen
Rz. 969
§ 51b BRAO a.F. – Verjährung von Ersatzansprüchen
Der Anspruch des Auftraggebers auf Schadensersatz aus dem zwischen ihm und dem Rechtsanwalt bestehenden Vertragsverhältnis verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, spätestens jedoch in drei Jahren nach der Beendigung des Auftrags.
Rz. 970
Die eigenständige Regelung berufsbezogener Verjährungsfristen (wie § 68 StBerG, § 51b BRAO, § 45b PatAnwO) ist mit dem Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts m.W.v. 15.12.2004 weggefallen.
Rz. 971
§ 51a WiPro wurde durch das WPRefG aufgehoben.
2. Sekundärhaftung
Rz. 972
Jedenfalls für Altfälle vor dem 15.12.2004 kann eine Sekundärhaftung des Anwalts bestehen. Zur früheren Regelung in § 51b BRAO a.F. nahm die Rechtsprechung an, dass ein Sekundäranspruch begründet wird, wenn der Anwalt bei der weiteren Wahrnehmung des Mandats die Möglichkeit einer Regresshaftung erkennt (oder habe erkennen müssen) und es gleichwohl unterlassen hat, den Mandanten auf den Regressanspruch und dessen drohende Verjährung hinzuweisen.
Rz. 973
Auch wenn der Primäranspruch gegen den Anwalt verjährt ist, kann doch eine Schadenersatzpflicht (unter dem Aspekt des Sekundäranspruches) bestehen, wenn der Anwalt es schuldhaft unterlassen hat, seinen Mandanten rechtzeitig auf die Möglichkeit der Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegen ihn (d.h. seinen Anwalt) hinzuweisen.
Rz. 974
Aus dem Aspekt der Sekundärhaftung ist ein Anwalt dann gehindert, die Verjährungseinrede wegen der Primärhaftung zu erheben. Ein Anwalt ist grundsätzlich verpflichtet, auf die gegen ihn bestehenden Regressansprüche sowie deren (kurze) Verjährung hinzuweisen. Unterlässt er diesen Hinweis, macht er sich erneut mit der Wirkung schadenersatzpflichtig, dass er sich auf den Verjährungseinwand nicht berufen darf: Dieser Anspruch aus der Sekundärhaftung ist also nicht auf Geldzahlung ausgerichtet. Er ermöglicht dem Geschädigten lediglich die Durchsetzung des ohne ihn verjährten Schadenersatzanspruches. Diese – sekundäre – Hinweisverpflichtung des Anwaltes entsteht, wenn er nach seinem Fehler und vor Eintritt der Primärverjährung bis zum Ende seines Mandates begründeten Anlass hatte zu prüfen, ob er durch eine Pflichtverletzung den Mandanten geschädigt hat, und wenn ein sorgfältiger Anwalt dabei seine mögliche Haftung erkennen kann.
Rz. 975
Der sog. "sekundäre" Schadenersatzanspruch gegen einen Anwalt kann nur durch eine neue schuldhafte Pflichtverletzung entstehen. Die den Regressfall auslösende Pflichtwidrigkeit kann daher nicht gleichzeitig die Nichterfüllung einer Pflicht zur Aufdeckung des Primäranspruches darstellen. Der Sekundäranspruch verjährte seinerseits nach § 51b Alt. 1 BRAO a.F. drei Jahre nach der Verjährung des Primäranspruches, wenn in diesem Zeitpunkt das Mandant noch fortbesteht.
Rz. 976
Ein Anspruch wegen Unterbleibens eines Hinweises auf den Sekundäranspruch und dessen Verjährung besteht nicht. Bei Ablauf der Verjährung des Sekundäranspruchs entsteht kein Tertiäranspruch.
Rz. 977
Die Pflicht zur Belehrung über die Verjährung entfällt, wenn der Mandant rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist im Hinblick auf die Regressfrage anwaltlich beraten wird oder auf sonstige Weise über den Schadenersatzanspruch und dessen Verjährung sichere Kenntnis erhält. Allerdings darf auch ein rechtskundiger Mandant darauf vertrauen, dass sein Anwalt seine vertraglichen Pflichten korrekt erfüllt, ohne dass eine Kontrolle notwendig ist.