Rz. 366

Die Verjährung ist für jeden Anspruchssteller getrennt zu prüfen (auch Rdn 231 f.). Der Verjährungseinwand bei Beteiligung von Gesamtschuldnern und Gesamtgläubigern hat nach §§ 425 Abs. 2, 429 Abs. 3 S. 1 BGB nur Einzelwirkung (auch Rdn 424).

 

Rz. 367

Jeder einzelne Anspruchsteller ist für seine Rechtssicherung individuell zuständig. Das Verhalten anderer – parallel durch dasselbe Haftungsgeschehen betroffener – Geschädigter beeinflusst den Fristenlauf nicht wechselseitig. Jeder Anspruch nimmt sein eigenes Schicksal.

 

Rz. 368

Das gilt auch für Drittleistungsträger.

 

Rz. 369

Wandelt sich im Verlaufe der Regulierung die Anspruchsnatur, haben die jeweiligen Ansprüche ihr eigenes Schicksal. Verstirbt beispielsweise der durch das Haftpflichtgeschehen zunächst nur Verletzte später und wird vom Rentenversicherer nunmehr an Stelle von Erwerbsunfähigkeitsrente (resultierend aus dem Verdienstunfall des unmittelbar Geschädigten) eine Hinterbliebenenrente (resultierend aus dem Unterhaltsschaden des anspruchsberechtigten Dritten = Hinterbliebenen; zum Fristbeginn bei späterem Tod Rdn 449 ff.) gezahlt, muss der Drittleistungsträger rechtzeitig verdeutlichen, dass er nunmehr Ansprüche aus dem Recht eines anderen Geschädigten verfolgen will. Dies gilt nicht zuletzt auch mit Blick auf Kausalitätsprüfungen.

 

Rz. 370

Werden durch ein einheitliches Unfallgeschehen mehrere Personen verletzt, hat – wenn für beide Personen derselbe Unfallversicherungsträger (z.B. dieselbe Berufsgenossenschaft) zuständig ist (z.B. Arbeitsunfall mehrerer Personen) – dieser Unfallversicherungsträger für jede einzelne bei ihm versicherte Person jeweils personenbezogen (und nicht nur anlassbezogen [= Schadenereignis]) getrennt Ansprüche anzumelden.[298] Die Anmeldung nur für einen Geschädigten beeinträchtigt den Verjährungslauf für die Rechte, die man aus Rechtsgutverletzungen anderer gleichzeitig verletzter/getöteter Personen herleitet, nicht.

 

Rz. 371

Die Verjährung ist für jeden Anspruchssteller getrennt zu prüfen (Rdn 231 f., 366); dies gilt auch für etwaige Rechtsnachfolger. Jeder einzelne Anspruchsteller ist für seine Rechteverfolgung und Rechtssicherung individuell zuständig. Das Verhalten anderer – parallel durch dasselbe Haftungsgeschehen betroffener – Geschädigter beeinflusst den Fristenlauf nicht wechselseitig, jeder Anspruch nimmt sein eigenes Schicksal. Es gelten letztlich vergleichbare Aspekte wie bei der Schädigermehrheit (Rdn 421 ff.).[299] Die Rechtsprechung[300] hat zu unterschiedlichen Pflichtverletzungen desselben Schädigers festgehalten, dass der Verjährungsbeginn für jede Pflichtverletzung gesondert zu bestimmen ist. Die gesonderte Betrachtung hat genauso zu gelten, wenn Ansprüche mehrerer Geschädigter aus demselben Haftungsgeschehen verfolgt werden.[301] Verstirbt ein Unfallgeschädigter nach dem Haftungsgeschehen, müssen seine nach §§ 844, 845 BGB (und entsprechenden Regelungen in den speziellen Haftungsgesetzen wie § 10 StVG) grundsätzlich Anspruchsberechtigten ihre Ansprüche in unverjährter Zeit anmelden.[302] Die Anspruchsanmeldung des Verstorbenen gilt nicht zugunsten der Hinterbliebenen; für diese beginnt die Frist allerdings erst mit Kenntnis vom Tode zu laufen.

 

Rz. 372

 

Beispiel 5.12

A und B verunfallen am 1.8.2010 auf dem Weg zur Arbeit aufgrund objektiven Fehlverhaltens des X. Die zuständige Berufsgenossenschaft U meldet am 12.12.2010 Ansprüche bei X (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) zunächst nur wegen ihrer Aufwendungen für den schwerverletzten A an. Die Klärung der Haftung des X erfolgt mit am 30.10.2016 rechtskräftigem, von A erstrittenem, Urteil; X und U hatten vereinbart, bis zur Rechtskraft des Klageverfahrens A – X die Verjährung wegen der Regressansprüche aus der Verletzung des A auszusetzen.

Zwei Jahre nach dem Unfallgeschehen verstirbt A am 25.8.2012. Vier Jahre später werden am 15.4.2014 von U auch Regressforderungen gegenüber X wegen von U getätigter Aufwendungen für den leicht verletzten B gefordert. Nach Abschluss des Haftungsprozesses mit X fordert U am 3.1.2017 erstmals auch Ersatz des nach § 116 SGB X i.V.m. §§ 823, 844 BGB übergegangenen Schadens wegen des Todes des A.

Ergebnis:

1.

Ansprüche wegen der Verletzung des B

Mit der Klärung der Haftung im Verhältnis A – X steht zwar nicht rechtlich, aber faktisch die Verantwortlichkeit des X auch im Verhältnis zu B fest. Unfallkausale Aufwendungen der U wären wegen der Legalzession (§ 116 SGB X) seitens X zu erstatten.
X kann aber erfolgreich die Einrede der Verjährung erheben. Der Unfall ereignete sich am 1.8.2010. Die Verjährung begann mit Jahresultimo am 1.1.2011 und endete drei Jahre später am 31.12.2013. Bei Anmeldung von Ansprüchen am 15.4.2014 in Rechtsnachfolge (§ 116 SGB X) des B war bereits Verjährung eingetreten.
Die Anmeldung von Ansprüchen in Rechtsnachfolge des A erfasst nicht die (rechtsnachfolgenden) Ansprüche des B. Irrelevant ist, ob B seinerseits Direktansprüche bei X angemeldet hatte.
2.

Ansprüche wegen der Verletzung des A

U hatte rechtze...

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