1. Leistungsverweigerungsrecht
Rz. 120
§ 194 BGB – Gegenstand der Verjährung
(1) |
Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung. |
(2) |
Der Verjährung unterliegen nicht
1. |
Ansprüche, die aus einem nicht verjährbaren Verbrechen erwachsen sind, |
2. |
Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft oder auf die Einwilligung in die genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung gerichtet sind. |
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§ 214 BGB – Wirkung der Verjährung
(1) |
Nach Eintritt der Verjährung ist der Schuldner berechtigt, die Leistung zu verweigern. |
(2) |
1Das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. 2Das Gleiche gilt von einem vertragsmäßigen Anerkenntnis sowie einer Sicherheitsleistung des Schuldners. |
Rz. 121
Begrifflich bedeutet "Verjährung" (gesetzlich allgemein geregelt in §§ 194 ff. BGB) denjenigen Zeitablauf, der für einen Verpflichteten das Recht begründet, seine geschuldete Leistung zu verweigern.
Rz. 122
Der zugrunde liegende Anspruch erlischt dabei aber nicht; es wird vielmehr nur ein (dauerhaftes) Leistungsverweigerungsrecht begründet (§ 214 Abs. 1 BGB). Der Anspruch geht also nicht unter; auf verjährte Forderungen Geleistetes kann ebenso wenig wie ein vertragsmäßiges Anerkenntnis oder eine Sicherheitsleistung zurückverlangt werden (§ 214 Abs. 2, 813 Abs. 1 S. 2 BGB). § 214 BGB setzt § 222 BGB a.F. vollinhaltlich fort.
Rz. 123
Es bleibt dem Belieben des Schuldners überlassen, von seinem Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch zu machen. Daher erfolgt eine Zahlung auf eine verjährte Forderung nicht "zu Unrecht", eine Rückforderung des trotz Verjährung gezahlten Betrages kommt – abweichend von § 813 BGB – nicht in Betracht (§§ 214 Abs. 2, 813 Abs. 1 S. 2 BGB).
2. Handlungen nach Verjährungseintritt
Rz. 124
a) Verhandlung, Anerkenntnis
Rz. 125
Anerkenntnis oder Verhandlungen nach abgelaufener Verjährungsfrist beseitigen die Verjährung nicht.
b) Zahlung
Rz. 126
Zahlungen nach Verjährungseintritt führen nicht zu einer Hemmung oder Unterbrechung des bereits verjährten Anspruches. Der Anspruch bleibt einredebehaftet.
c) Verjährungsverzicht
Rz. 127
Rz. 128
Ein Verjährungsverzicht (Rdn 240 ff.) kann auch dann wirksam sein, wenn er nach dem Eintritt der Verjährung abgegeben wird. Dies setzt allerdings voraus, dass der Verzichtende bei Abgabe seiner Erklärung wusste (oder es für möglich hielt), dass die Verjährungsfrist schon abgelaufen und die Verjährung deswegen bereits eingetreten war.
Rz. 129
Wird in Unkenntnis des Umstandes, dass der Anspruch bereits verjährt ist, auf die Verjährung verzichtet, ist die später dann doch erhobene Verjährungseinrede regelmäßig nicht treuwidrig. Dieser Umstand ist allerdings unverzüglich (§ 121 BGB) dem Erklärungsempfänger mitzuteilen, auch wenn kein Anfechtungsgrund (i.d.R. unbeachtlicher Motivirrtum) des § 119 BGB vorliegt.