1. Rechtliches Hindernis
Rz. 859
Die Verjährung ist nicht nur bei Vorliegen einer echten Einrede gehemmt. Vielmehr kann darüber hinaus eine Hemmung im Allgemeinen immer dann angenommen werden, wenn dem Berechtigten vorübergehend durch ein rechtliches Hindernis die Durchsetzung seines Anspruches unmöglich gemacht wird. Dabei findet sich aber eine Beschränkung auf solche Fälle, in denen das Hindernis auf Seiten des Verpflichteten vorliegt, der sich aus Rechtsgründen (und nicht aus anderen Gründen) zeitweilig der Inanspruchnahme entziehen kann. Die Hindernisse müssen den Anspruch selbst und seine Durchsetzbarkeit in einem gerichtlichen Verfahren betreffen.
Rz. 860
Unpfändbarkeit nach §§ 811, 850 ff. ZPO und gesetzlicher Vorrang anderer Gläubiger (§ 804 Abs. 3 ZPO) sind kein entsprechendes rechtliches Hindernis.
2. Arglisteinrede
Rz. 861
Hinweis
Ergänzend Rdn 275 ff., 305 f.
Rz. 862
Die Erhebung der Verjährungseinrede ist gemäß § 242 BGB treuwidrig und unwirksam, wenn der Gläubiger aus dem gesamten Verhalten des Schuldners für diesen erkennbar das Vertrauen schöpfte und auch schöpfen durfte, dass der Schuldner die Verjährungseinrede nicht erheben, sondern sich auf sachliche Einwände beschränken werde. Dieser Vertrauensschutz reicht aber nur so weit und gilt nur so lange, wie die den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründenden Umstände fortdauern und den Gläubiger von der rechtzeitigen Klageerhebung abhalten.
Rz. 863
Eine Zusage des Haftpflichtversicherers, die Ergebnisse eines Beweissicherungsverfahrens der Regulierung zugrunde zu legen, steht der späteren Einrede der Verjährung nicht entgegen.
Rz. 864
Ähnlich wie beim Stillhalteabkommen können auch andere Parteierklärungen geeignet sein, den Anspruchsberechtigten von einer Klage abzuhalten und zunächst noch weitere Aktivitäten (z.B. Sammelbesprechung mit Drittleistungsträger oder Regulierungsverhandlung) zuvor abzuwarten. Auch in diesen Fällen wird man eine hemmende Wirkung annehmen können, jedenfalls aber unter Abwägung der Umstände den Arglisteinwand greifen lassen. Wird der Verjährungseinwand erhoben, muss unverzüglich Klage erhoben werden; die Frist hierzu beträgt maximal einen Monat nach Zugang (mündlich oder schriftlich) der Verjährungserklärung (auch Rdn 279 ff.).
Rz. 865
Die Berufung auf eine Hemmung verstößt gegen Treu und Glauben, wenn der Versicherer die angemeldeten Ansprüche im Wesentlichen befriedigt und der Geschädigte sich jahrelang nicht gemeldet hat.
3. Existenzbedrohung
Rz. 866
Die Berufung des Ersatzpflichtigen auf Verjährung kann nur ausnahmsweise bei später eingetretener außergewöhnlich schwerer und existenzbedrohender Gesundheitsbeschädigung gegen Treu und Glauben verstoßen.
4. Fehlender Versicherungsschutz
Rz. 867
Leistet ein Haftpflichtversicherer Rechtsschutz bei der Verteidigung seiner versicherten Person gegenüber dem erhoben...