Rz. 767

 

Hinweis

Zu Detailfragen zum Vorbehalt siehe § 2 Rdn 903 ff.

 

Rz. 768

Der Abfindungsvergleich beendet (spätestens) die Verjährungshemmung, die mit der Anmeldung von Ersatzansprüchen nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG, § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. begonnen hatte.

 

Rz. 769

Akzeptiert nach einem Unfall der Haftpflichtversicherer des Unfallgegners in einer Abfindungserklärung des Geschädigten einen auf den materiellen Zukunftsschaden gerichteten Vorbehalt, liegt darin allein auch dann keine konstitutive Befreiung von der Verjährungseinrede, wenn damit zu rechnen ist, dass weitere Unfallfolgen erst nach mehr als 3 Jahren auftreten können.[738]

 

Rz. 770

Unerheblich ist, dass ein Vorbehalt vom Schadenersatzpflichtigen in den Vergleichstext aufgenommen wurde, da es für den Erklärungsinhalt unerheblich ist, wer (Anspruchsteller selbst, sein Anwalt oder der Regulierungsbeauftragte des Schädigers oder dessen Versicherers) den Vorbehalt in den Vergleichstext geschrieben hat.[739]

 

Rz. 771

Die Abfindungsvereinbarung an sich enthält kein selbstständiges (konstitutives) Anerkenntnis i.S.v. § 781 BGB.[740] Die Teilabfindung stellt lediglich ein Anerkenntnis i.S.v. § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB (§ 208 BGB a.F.) dar mit der Konsequenz, dass die Verjährungsfrist nach Ende der Hemmung unterbrochen wird und eine neue 3-jährige Frist ab Vergleichsschluss[741] zu laufen beginnt.

 

Rz. 772

Der Lauf der Verjährung ist nur ausnahmsweise durch ein Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) gehemmt.[742] Für eine an § 242 BGB ausgerichtete Auslegung der wechselseitigen Erklärungen reicht es für die Annahme eines Verjährungsverzichtes nicht aus, dass ein solcher Verzicht auf die Verjährungseinrede "sinnvoll" gewesen wäre.[743]

 

Rz. 773

Ausnahmsweise kann stillschweigend ein Verjährungsverzicht vereinbart sein.[744]

 

Rz. 774

Der Vortrag, dass es unüblich (gewesen) sei, in eine Abfindungserklärung eine Verjährungs- oder Äquivalenzklausel aufzunehmen, ist rechtlich ohne Belang.[745]

 

Rz. 775

Die Grundsätze von Treu und Glauben stehen der Einrede nur dann entgegen, wenn der Ersatzverpflichtete beim Schadenersatzgläubiger das Vertrauen erweckt, dass er dessen Anspruch mit materiellen Einwendungen bekämpfen werde, so dass es nicht der gerichtlichen Geltendmachung vor Eintritt der Verjährung bedürfe.[746]

 

Rz. 776

Ist der Geschädigte anwaltlich vertreten, ist dieses letztlich zulasten des Geschädigten im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer des Schädigers zu berücksichtigen: Der Haftpflichtversicherer des Schädigers ist dem anwaltlich vertretenen Geschädigten gegenüber nicht zur Aufklärung und Beratung verpflichtet.[747] Siehe auch Rdn 395; § 2 Rdn 759.

 

Rz. 777

Der Verletzte muss, will er einen langfristigen Ausschluss der Verjährungsrede erreichen, Feststellungsklage erheben oder ausdrücklich eine adäquate Erklärung des Anspruchsgegners einfordern.[748]

 

Rz. 778

Die Verjährungsfrist ist nicht nach § 115 Abs. 2 S. 3 VVG, § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. gehemmt. Mit der Abfindungserklärung wird die bis zu diesem Zeitpunkt mögliche Schadenregulierung endgültig zum Abschluss gebracht, so dass bereits von daher ein schriftlicher Bescheid entbehrlich ist.[749]

 

Rz. 779

Zahlungen seitens des Ersatzpflichtigen zu Zeitpunkten, in denen bereits Verjährung eingetreten war, lassen den Anspruch nicht wieder aufleben (siehe ergänzend Rdn 471 f., 110 f., 230 f., 257 f.).[750] Zahlungen können lediglich nicht zurückgefordert werden.

 

Rz. 780

Der Schadenersatzanspruch verjährt 3 Jahre nach Zahlung des Vergleichsbetrages trotz der Vorbehaltsabfindungserklärung. Manchmal ist dann auch der vertragliche Schadenersatzanspruch gegen den Anwalt (siehe Rdn 840 ff.) nicht mehr durchsetzbar.

[738] BGH v. 28.1.2003 – VI ZR 263/02 – NJW 2003, 1524 = NZV 2003, 225 = PVR 2003, 291 = r+s 2003, 171 = SP 2003, 155 = VersR 2003, 452 = VRS 104, 405 = zfs 2003, 281; BGH v. 29.1.2002 – VI ZR 230/01 – BRAK-Mitt 2002, 118 (nur Ls.) (Anm. Chab) = DAR 2002, 209 = HVBG-Info 2002, 2192 = MDR 2002, 514 = NJW 2002, 1878 = NZV 2002, 312 = NVersZ 2002, 278 = r+s 2002, 198 = SP 2002, 155, 234 = VersR 2002, 474 = VerkMitt 2002, Nr. 63 = VRS 103, 266 = zfs 2002, 226; BGH v. 8.12.1998 – VI ZR 318/97 – BB 1999, 1766 (nur Ls.) = DAR 1999, 166 = MDR 1999, 353 = NJW 1999, 1782 = NVersZ 1999, 189 = NZV 1999, 158 = r+s 1999, 109 (Anm. Lemcke r+s 1999, 510) = SP 1999, 87 = VersR 1999, 382 = VRS 96, 321 = zfs 1999, 190 (Konkret wurde auch das Ende der Hemmung nach § 3 Nr. 3 PflVG a.F. angenommen, ohne dass ein schriftlicher Bescheid des Versicherers vorlag); BGH v. 26.5.1992 – VI ZR 253/91 – DAR 1992, 375 = MDR 1993, 125 = NJW 1992, 2228 = NZV 1992, 356 = r+s 1992, 304 = VersR 1992, 1091; KG v. 22.12.1998 – 6 U 307/97 – VersR 2000, 1145; OLG Frankfurt v. 14.6.2006 – 17 U 39/06; OLG Frankfurt v. 2.10.1990 – 14 U 212/87 – DAR 1992, 60; OLG Hamburg v. 7.4.2000 – 14 U 263/99 – SP 2001, 86; OLG Hamm v. 6.9.2000 – 13 U 175/99 – DAR 2001, 166 (nur Ls.) = SP 2001, 53; OLG Hamm v. 14.9.1998 – 6 U 48/98 – NZV 1999, 245 = r+s 1999, 105 = SP 1999, 11 = zf...

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