Dr. Jörg Kraemer, Frank-Michael Goebel
Rz. 13
Nach § 802l Abs. 2 ZPO hat der Gerichtsvollzieher alle Daten, die ihm von der Auskunftsstelle übermittelt wurden, die für Zwecke der Zwangsvollstreckung aber nicht erforderlich sind, unverzüglich zu löschen. Die Art und Weise der Löschung/Einschränkung der Verarbeitung obliegt dem Gerichtsvollzieher. Der Gerichtsvollzieher hat den Vorgang durch ein Protokoll zu dokumentieren. Diese Daten dürfen nicht an den Gläubiger weitergeleitet werden.
Rz. 14
Die Gerichtsvollzieher löschen in der Praxis deshalb z.T. Daten bzw. sperren diese, die am Tag des Auskunftsersuchens nicht mehr aktuell sind. Damit wird dem Schutzzweck von § 802l ZPO aber nicht hinreichend Rechnung getragen. § 802l ZPO will nicht nur den künftigen Zugriff auf Vermögensgegenstände in Form des Arbeitseinkommens, des Konto-Guthabens und des Pkw ermöglichen, sondern gleichzeitig vollständige und richtige Auskünfte in der Vermögensauskunft sichern und verifizieren. Es ist deshalb erforderlich, dass dem Gläubiger auch die Daten mitgeteilt werden, die zum Zeitpunkt der Abgabe der Vermögensauskunft bis zur Stellung des Auskunftsersuchens nach § 802l ZPO aktuell waren, damit die Vermögensauskunft entsprechend überprüft und die falsche Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung auf die Vermögensauskunft nach § 156 StGB zur Anzeige gebracht und/oder nach §§ 823 Abs. 2 BGB, 156 StGB zivilrechtlich als vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung verfolgt werden kann. Letzteres privilegiert die Vollstreckung des Gläubigers nach § 850f Abs. 2 ZPO, so dass die Information über bereits beendete Arbeitsverhältnisse, gelöschte Konten und abgemeldete Pkw sehr wohl zu Vollstreckungszwecken erforderlich sind.
Rz. 15
Hinweis
Auf diesen Umstand sollte der Gläubiger im Rahmen seines Antrages ausdrücklich hinweisen. Sofern der Gerichtsvollzieher die Daten gleichwohl löschen möchte, sollte um einen rechtsmittelfähigen Bescheid und das Aussetzen der Löschung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über ein Rechtsmittel gebeten werden. Die vorstehende Rechtsauffassung kann dann mit der Erinnerung nach § 766 ZPO, nachfolgend der sofortigen Beschwerde nach §§ 793, 567 ff. ZPO und nach entsprechender Zulassung auch mit der Rechtsbeschwerde nach §§ 574 ff. ZPO verfolgt werden. Hilfsweise kann ein entsprechendes Feststellungsbegehren verfolgt werden. Ist dies erfolgreich, muss der Gerichtsvollzieher wegen falscher Sachbehandlung i.S.d. § 7 GvKostG die Auskunft kostenfrei erneut einholen. Führt die verspätete Mitteilung der Auskünfte beim Gläubiger zu einem Schaden, muss das jeweilige Bundesland hierfür nach § 839 BGB, Art. 34 GG einstehen.
Rz. 16
Diese Aspekte übersieht ein kleiner Teil der Rechtsprechung, wenn sie etwa der Auffassung ist, dass für den Gläubiger prinzipiell nur die Informationen über Name, Anschrift, Geburtsort und -datum des Schuldners sowie das Ergebnis der Auskunft bei den Auskunftsstellen gehören oder, dass erteilte Auskünfte über eine bereits beendete Kontoverbindung des Vollstreckungsschuldners unverzüglich zu löschen bzw. zu sperren seien, da sie für die – weitere – Vollstreckung des Gläubigers nicht erforderlich seien und deshalb diese Drittauskunft auch nicht an den Gläubiger weitergegeben werden dürfe. Auch die Auffassung die Daten über beendete Konten seien auch dann zu löschen, wenn der Gläubiger anhand dieser ein "Verhaltensprofil" des Schuldners erstellen will, trägt den Schutzzweck des § 802l ZPO nicht hinreichend Rechnung.
Rz. 17
Hinweis
In der Praxis führt es immer wieder zu Streitfragen mit den Gerichtsvollziehern, weil Teile der Auskünfte geschwärzt werden. Nicht immer erkennen Gerichtsvollzieher die Relevanz einzelner Informationen für die weitere Zwangsvollstreckung. Erst der BGH musste entscheiden, dass dazu auch Einkünfte des Schuldners, die auf das Konto eines Dritten überwiesen werden, mitzuteilen sind. Außerdem bestehe, so der BGH, möglicherweise ein pfändbarer Anspruch des Schuldners gegen den Dritten, wenn er über dessen Konto seinen Zahlungsverkehr abwickelt und für das Drittkonto verfügungsberechtigt ist. In Betracht komme außerdem ein pfändbarer Herausgabeanspruch nach § 667 BGB. Der Gläubiger kann die Angaben des Schuldners in der Vermögensauskunft hinsichtlich solcher pfändbaren Ansprüche nur prüfen oder diese bei Nichtabgabe der Vermögensauskunft ermitteln und zur Zwangsvollstreckung nutzen, wenn er die Information über solche Verfügungsberechtigungen des Schuldners über Konten Dritter erhält. All das haben viele Gerichtsvollzieher vor dem Hintergrund der einbezogenen Dritten nicht erkannt und solche Angaben geschwärzt. Die Auseinandersetzung um solche Fragen ist mühsam und aufwändig und vor dem Hintergrund der geringen 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG auch in der Regel nicht mehr wirtschaftlich darzustellen. Leider sieht auch der Entwurf eines KostRÄndG 2025 keine Anhebung des Gebührensatzes vor. Nicht zuletzt deshalb verzichten viele Rechtsanwälte auf die Einholung solcher Auskünfte und unte...