Andre Naumann, Christian Brinkmann
Rz. 23
Ziff. 2.1.1.1 AUB 08/99
§ 7 I (1) AUB 94/88
§ 8 II (1) AUB 61
a) Grundsätzliches
Rz. 24
Im Zusammenhang mit einem möglichen Anspruch auf eine Invaliditätsleistung ist formell die Einhaltung von drei Fristen zu beachten. Diese sind:
Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein.
Innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall muss ein Arzt die Invalidität festgestellt haben.
Innerhalb von 15 Monaten muss die Invalidität beim VR geltend gemacht worden sein.
Hinweis
Diese grundsätzliche Fristenstruktur liegt standardmäßig allen AUB zugrunde. Viele VR bieten jedoch andere, längere Fristen an, wobei die grundsätzliche Struktur beibehalten wird. Die Bedingungen sind somit stets auf die konkret vereinbarten Fristen hin zu prüfen. Wichtig ist hierbei auch der Hinweis nach § 186 VVG n.F. Wird der VN auf falsche Fristen hingewiesen, dann ist der Hinweis unwirksam, wenn dem VN zu kurze Fristen genannt wurden. Wird hingegen auf eine längere Frist als in den Bedingungen vereinbart hingewiesen, so muss der VR diese verlängerte Frist gegen sich gelten lassen, wobei sich der VN wegen dieser verlängerten Fristen nicht auf eine vollständige Unwirksamkeit der Fristenregelung berufen kann. Dies verstieße gegen Treu und Glauben.
b) Transparenz
Rz. 25
Während über die Wirksamkeit der Fristenregelung in den AUB 94/88/61 Einigkeit besteht, wird diese hinsichtlich der AUB 2008/99 teilweise bestritten. Argumentativer Anknüpfungspunkt für die Unwirksamkeit der Regelung ist der Aufbau der AUB 2008/99. Bei der Neugliederung nach Ziffern wurde unter Ziff. 7 – "Was ist nach einem Unfall zu beachten (Obliegenheiten)?" – nicht auf die zu beachtenden Fristen in Ziff. 2.1.1.1. AUB 08/99 hingewiesen; die Fristenregelung ist dort also nicht genannt. Folgt der VN dem Inhaltsverzeichnis, so findet er auf der Suche nach seinen Verpflichtungen nur die Obliegenheiten nach Ziff. 7 AUB 08/99, nicht aber die zur Anspruchsbegründung relevanten Fristen der Ziff. 2.1.1.1. AUB 08/99. Aus diesem Aufbau leitet das OLG Hamm einen Verstoß gegen das Transparenzgebot ab. Im vorangestellten Inhaltsverzeichnis fehle ein Eintrag zur "Voraussetzung für die Leistung", wie er im Bedingungstext vor Ziff. 2.1.1.1. AUB 08/99 zu finden ist, was intransparent sei und zur Unwirksamkeit der Fristenregelung führe.
In der Praxis wird durch die Hinweispflicht des § 186 VVG n.F. der VN zwar auf die Fristen hingewiesen, dies würde aber die auf Intransparenz basierende Unwirksamkeit einer AGB-Klausel bzw. deren Folgen nicht heilen, selbst wenn durch den Hinweis ein Nachteil ausgeschlossen würde.
Rz. 26
Die überwiegende Meinung nimmt richtigerweise keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot an. Dies wird damit begründet, dass letztlich zur Leistungsprüfung auch die Anspruchsvoraussetzungen der jeweiligen Leistungsart zu prüfen sind, wo dann die Fristen leicht gefunden werden können. Es geht zu weit, aus der bloßen Überschrift in einem Inhaltsverzeichnis, die auf Obliegenheiten hinweist, die Unwirksamkeit einer objektiven Anspruchsbegründungsfrist, die letztlich keine Obliegenheit darstellt, herzuleiten. Auch ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich ein VN nur über die Obliegenheiten, nicht aber über die versicherten Leistungsarten informiert.
Rz. 27
Keine Intransparenz liegt in jedem Falle dann vor, wenn unter Ziff. 7 AUB 08/99 ein Querverweis zu den Invaliditätsfristen in Ziff. 2 führt.
c) Jahresfrist
Rz. 28
Die Invalidität muss innerhalb eines Jahres nach dem Unfall eingetreten sein. Es handelt sich bei dieser Frist um eine objektive Anspruchsvoraussetzung, nicht um eine entschuldbare Anmeldefrist.
Es reicht aus, wenn die innerhalb des ersten Jahres eingetretene Invalidität erst innerhalb der Frist zur ärztlichen Feststellung erkennbar wird. Wird die Invalidität erst danach feststellbar, ist die Jahresfrist nicht eingehalten. Nicht erforderlich ist, dass die konkrete Höhe bereits abschließend festgestellt werden kann. Es muss nur zu einer Invalidität in irgendeinem Umfang gekommen sein. Ein Mindestmaß für die Höhe eines Invaliditätsgrades gibt es nicht, die Untergrenze kann nur eine noch medizinisch objektiv feststellbare dauerhafte Beeinträchtigung bilden.
Tritt innerhalb des erste...