Andre Naumann, Christian Brinkmann
a) Allgemeines
Rz. 103
Ziff. 9.3 AUB 08/99
§ 11 III AUB 94/88
§ 13 (2) S. 1 AUB 61
Der VR muss auf Verlangen des VN angemessene Vorschüsse zahlen, wenn die Leistungspflicht dem Grunde nach feststeht. Praktisch bedeutsam sind die Regelungen zur Vorschusszahlung bei der Invaliditätsleistung, wobei sie sich aber nicht auf diese Leistungsart beschränken (vgl. § 8 Rn 5). Der VR ist nicht verpflichtet einen Vorschuss von sich aus zu zahlen, der VN muss den Vorschuss fordern.
Bei Zahlungsverweigerung des VR ist der Klageweg auch nur für einen Vorschuss möglich. Wird im Rahmen einer Nachuntersuchung ein geringerer Invaliditätsgrad festgestellt als dem Vorschuss zugrunde lag, so kann der VR den zuviel bezahlten Betrag nach § 812 BGB zurückfordern.
b) Leistungspflicht dem Grunde nach
Rz. 104
Ein Vorschuss kann verlangt werden, wenn die Leistungspflicht dem Grunde nach feststeht. Neben der Feststellung eines deckungspflichtigen Unfallereignisses müssen die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die Invaliditätsleistung vorliegen, also ein Anerkenntnis nach Ziff. 9.1 AUB 08/99, § 11 I AUB 94/88, § 11 AUB 61 bzw. ein gerichtliches Urteil. Fehlt es z.B. an der ärztlichen Feststellung einer Invalidität, dann entsteht kein Anspruch auf einen Vorschuss. Vor Abschluss des Heilverfahrens ist eine auf einen Vorschuss gerichtete Klage mangels Fälligkeit unbegründet.
Lag kein Anerkenntnis der Leistungspflicht dem Grunde nach vor, so ist dieses mit der vorbehaltslosen Zahlung eines Vorschusses erklärt worden.
c) Angemessenheit (Höhe des Vorschusses)
Rz. 105
Ein Vorschuss muss in angemessener Höhe gezahlt werden, d.h. in einer Höhe, die sich nach der dem VR bekannten Sachlage zum Entscheidungszeitpunkt mit Sicherheit als mindestens zu zahlen ergibt. Dabei ist der (prognostizierte) Gesundheitszustand zu berücksichtigen, der für die endgültige Invaliditätsleistung heranzuziehen ist, also der Zustand, der am Ende der Drei-Jahres-Frist als dauerhaft feststellbar sein wird. Diese Prognoseentscheidung bietet dem VR einen erheblichen Spielraum, denn im Ergebnis kann er bei seiner Prognose einen optimalen Heilverlauf unterstellen.
Nach Ziff. 9.3 AUB 08/99, § 11 II AUB 94/88 ist ein Vorschuss vor Abschluss des Heilverfahrens auf die Höhe einer versicherten Todesfallleistung begrenzt. Eine Klage auf eine höhere Vorschussleistung wäre unbegründet. Daraus folgt, dass ohne eine versicherte Todesfallleistung innerhalb des ersten Unfalljahres kein Anspruch auf einen Vorschuss besteht. Unabhängig von einer versicherten Todesfallleistung und dem Abschluss des Heilverfahrens handhaben viele VR eine Zahlung bei Amputationen mit Knochenbeteiligung so, dass frühzeitig der auf die Amputation anfallende Invaliditätsgrad als Vorschuss gezahlt wird, da insoweit eine Verbesserung des Gesundheitszustandes nicht möglich ist. Im Hinblick auf mögliche darüber hinausgehende Ansprüche erfolgt das Vorgehen dann entsprechend der sonstigen Invaliditätsprüfung.
d) Besondere Vereinbarungen
Rz. 106
Muster 11: Musterbedingung Vorschuss
Bei schwerwiegenden Unfallverletzungen zahlen wir Ihnen vor Abschluss des Heilverfahrens einen sofortigen Vorschuss von mindestens 20 % der Summe, die sich aus der zu erwartenden unfallbedingten dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) errechnet. Besteht für die VP allerdings aufgrund des Unfalls akute Lebensgefahr, so ist der sofortige Vorschuss auf die vereinbarte Versicherungssumme für den Todesfall begrenzt. Eine schwerwiegende Unfallverletzung liegt immer in den Fällen vor, in denen der zu erwartende Grad der Invalidität mindestens 40 % beträgt. Dass eine unfallbedingte Invalidität verbleibt, muss von Ihnen durch Vorlage eines fachärztlichen Attestes nachgewiesen werden. Der von uns an Sie gezahlte sofortige Vorschuss bei schwerwiegenden Unfallverletzungen wird auf die Zahlung der endgültigen Invaliditätsleistung angerechnet.
Rz. 107
Die besondere Vorschussvereinbarung greift den Gedanken der Sofortleistung bei Schwerverletzten (siehe Rn 163 ff.) auf, in Fällen mit besonders schweren Gesundheitsfolgen rasch eine Leistung an den VN zu zahlen. Auch die Vorschusszahlung als besondere Vereinbarung ist aber keine selbstständige Leistungsart, sondern wird bei der abschließenden Invaliditätsabrechnung verrechnet.
Vor Abschluss des Heilverfahrens zahlt der VR mindestens 20 % der versicherten Invaliditätsleistung, wenn eine Invalidität von mindestens 40 % zu erwarten ist. Die Vorschussleistung ist, sofern noch akute Lebensgefahr besteht auf eine versicherte Todesfallleistung beschränkt. Ob der VR mehr als 20 % zahlt, steht in seinem Ermessen. Eine höhere Leistung wird daher nur im Rahmen der allgemeinen Grundsätze für eine Vorschusszahlung durchsetzbar sein.
Mit der vorbehaltlosen Zahlung eines Vorschusses nach dieser Sonderbedingung erklärt der VR ein Aner...