Rz. 43

Die Invalidität muss adäquat kausal auf die unfallbedingte Gesundheitsschädigung zurückzuführen sein. Dies ergibt sich bereits aus dem Sinn der Unfallversicherung, die nur Versicherungsschutz für unfallbedingte Schädigungen bietet. Der Systematik folgend reicht demnach auch eine Mitursächlichkeit aus.[56] Diese ist bereits dann anzunehmen, wenn nach dem Unfallereignis erstmals fortdauernde gesundheitliche Beschwerden aufgetreten sind.[57] Der VN ist beweisbelastet, Maßstab ist § 287 ZPO.

In der Regel ist jeder Unfall getrennt von anderen Ereignissen zu betrachten. Krankheiten und Gebrechen sind grundsätzlich leistungskürzend zu berücksichtigen (vgl. § 7). Folgen eines früheren Unfalls ebenso. Eine Invalidität aus einem früheren Unfall oder eine auf Krankheiten beruhende Funktionsbeeinträchtigung nennt man Vorinvalidität.

 

Rz. 44

Erleidet die VP zwei Unfälle innerhalb der Frist zur Neufeststellung des ersten Unfalls, dann können sich hinsichtlich der Zurechenbarkeit des zweiten Unfalls Besonderheiten ergeben:

Besteht zwischen beiden Ereignissen kein Zusammenhang, dann sind sie getrennt voneinander zu beurteilen, wobei vielfach eine gemeinsame Invaliditätsbegutachtung möglich und sinnvoll ist.
Wird ein erster Unfall innerhalb eines Jahres adäquat kausal für ein weiteres Schadenereignis, so ist das zweite Ereignis dem ersten Ereignis zuzurechnen. Dann ist nur der erste Unfall zu prüfen.
Wird ein erster Unfall innerhalb eines Jahres teilweise kausal für ein weiteres Unfallereignis, so können beide Ereignisse einheitlich als ein Unfall bearbeitet werden, eine Verteilung der Ursachenanteile ist also nicht erforderlich. Hier ist zu beachten, dass die Fristen vom Tag des ersten Unfalls an zu berechnen sind.[58]

Wird ein erster Unfall nach über einem Jahr adäquat kausal für ein weiteres Unfallereignis, dann ist das zweite Ereignis auch dem ersten Unfall zuzurechnen. Eine Verschlimmerung einer verbliebenen Invalidität kann aber nur berücksichtigt werden, wenn noch eine Neufeststellung möglich ist, weil nur innerhalb dieses Zeitraums aufgetretene Folgen des (ersten) Unfalls zu entschädigen sind.[59]

 

Rz. 45

 

Praxistipp

Problematisch wird es dann, wenn sich zwischen den beiden Unfällen eine Änderung der versicherten Leistungssummen ergeben hat, die Bedingungen geändert wurden oder der VN den VR gewechselt hat. Ist die gesamte Schädigung auf das erste Ereignis zurückzuführen oder sind es zwei voneinander unabhängige Unfälle, dann ist eine Zuordnung der Invalidität eindeutig möglich. Haben innerhalb eines Jahres zwei Unfälle an einer Schädigung der gleichen Gliedmaße teilweise mitgewirkt, dann muss bei einem Wechsel des VR bzw. bei geänderten Bedingungen der genaue Anteil jeder der beiden Unfälle an der Gesamtschädigung ermittelt werden. Dies ist oftmals schwierig und enthält viel Konfliktpotential. Hier ist ggf. ein Zusammenhangsgutachten mit gezielter Fragestellung erforderlich.

[56] Knappmann, NVersZ 2002, 1, 2.
[57] Beckmann-Mangen, § 47 Rn 159.
[58] Beckmann-Mangen, § 47 Rn 161.
[59] Beckmann-Mangen, § 47 Rn 162.

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