Rz. 280

 

Ziff. 2.3 AUB 08/99

§ 7 III AUB 94/88

§ 8 III AUB 61

I. Allgemeines

 

Rz. 281

Das Tagegeld ist als Leistungsart in den jeweiligen AUB geregelt. Mit Ausnahme weniger Besonderheiten der AUB 61 (siehe Rn 288) sind die Regelungsinhalte gleich. Das Tagegeld ist als Summenversicherung vereinbart und wird daher unabhängig von tatsächlichen Geldeinbußen entsprechend der vereinbarten Versicherungssumme fällig. Es steht selbstständig neben Ansprüchen auf Lohnfortzahlung, dem Tagegeld der Krankenversicherung und weiteren Leistungsarten der privaten Unfallversicherung. Anknüpfungspunkte bei der Tagegeldleistung sind die unfallbedingte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit und die Dauer der ärztlichen Behandlung.

II. Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit

 

Rz. 282

Eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit liegt dann vor, wenn die VP in der Ausübung seiner konkreten beruflichen Tätigkeit durch die Unfallverletzung ganz oder teilweise eingeschränkt ist.[203] Einerseits ist es unerheblich, ob die Unfallverletzung zu einer Invalidität führt, andererseits reicht ihre bloße Behandlungsbedürftigkeit nicht aus.[204]

Das Tagegeld wird nach dem festgestellten Grad der Beeinträchtigung der Berufstätigkeit oder Beschäftigung abgestuft gezahlt. Nur bei einer vollständigen Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit werden 100 % der versicherten Summe fällig. Das ist z.B. für Zeiten der stationären Krankenhausbehandlung anzunehmen. Maßgebend ist stets die konkrete berufliche Tätigkeit, nicht der erlernte Beruf oder die Berufsbezeichnung.

 

Beispiel

Ein Ingenieur bricht sich das Sprunggelenk. Verrichtet er etwa auf einer Ölbohrinsel auch körperliche Arbeit, so wird der Grad der Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit regelmäßig höher und die Beeinträchtigungsdauer länger sein, als wenn er ausschließlich Bürotätigkeit ausübt.

Auch wirkt sich z.B. ein gebrochener Kleinfinger für einen Automobilverkäufer als geringere berufliche Einschränkung aus, als dies bei einer hauptsächlich mit Schreibarbeiten beauftragte Sekretärin der Fall sein wird.[205]

 

Rz. 283

Den Grad der Beeinträchtigung stellt der behandelnde Arzt fest. Mit dem entsprechenden ärztlichen Attest macht der beweisbelastete VN seine Ansprüche gegenüber dem VR geltend. Die Überprüfung durch ein Gutachten zum Grad Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit seitens des VR ist möglich.

Liegen neben der Unfallverletzung konkurrierend Beeinträchtigungen der Arbeitsfähigkeit aus Krankheitsgründen oder anderen Gründen vor, so ist für die Bemessung der Tagegeldleistung nur auf die rein unfallbedingte Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit abzustellen.[206] Die Regelungen zur Mitwirkung von unfallfremden Krankheiten und Gebrechen sind anwendbar (vgl. § 7).[207]

[203] Grimm, Ziff. 2 Rn 53.
[204] Prölss/Martin-Knappmann, 27. Aufl., § 7 AUB 94 Rn 35.
[205] Weitere Beispiele bei Perret, S. 19.
[206] Grimm, Ziff. 2 Rn 52.
[207] Bruck/Möller-Leverenz, AUB 2008 Ziff. 2.3 Rn 16.

III. Ärztliche Behandlung

 

Rz. 284

Anspruchsvoraussetzung ist eine ärztliche Behandlung. Eigenbehandlungen oder die Behandlung durch einen Heilpraktiker reichen nicht aus.[208] Der Anspruch ist auf den Zeitraum von Beginn bis Ende der ärztlichen Behandlung beschränkt. Unstrittig gilt die Erstbehandlung durch den Arzt als Behandlungsbeginn. Ein privates Treffen mit einem Arzt, der dabei einen Rat erteilt, reicht nicht aus.[209]

Wann ein Behandlungsende anzunehmen ist, ist dagegen umstritten. Nach einer Ansicht soll der letzte Arztbesuch als Behandlungsende gelten.[210] Das ist die engste Auslegung des Zeitraums einer ärztlichen Behandlung und wird in der Praxis vielfach vertreten, weil der beweisbelastete VN mit den Attesten des Arztes meist auch nur diesen Zeitraum belegen kann. Daran knüpft im Ergebnis das AG Wuppertal an, das für Zeiten der Eigenbehandlung keinen Anspruch auf Tagegeld zuspricht, soweit anschließend eine ärztliche Untersuchung nicht stattfindet.[211]

 

Rz. 285

Als Ende der Behandlung wird nach a.A. der Zeitpunkt angesehen, an dem die ärztlichen Anordnungen enden, also die Therapie abgeschlossen ist.[212] Diese Einschätzung berücksichtigt richtigerweise, dass der Arzt den Patienten gegen Ende der Behandlung häufig lediglich anweist, z.B. noch für ein oder zwei Wochen Salben aufzutragen, Tabletten einzunehmen oder bestimmte Bewegungsübungen durchzuführen. Diese Patienten gehen regelmäßig nicht mehr zum Arzt, um formell die Genesung dokumentieren zu lassen, sondern nur dann, wenn die vollständige Genesung ausgeblieben ist. Der Arzt bedient sich zur Kontrolle des Behandlungserfolgs hier der eigenverantwortlichen Hilfe der VP. Er gibt aber nicht seine Aufgabe der Behandlung ab.

Für einen überschaubar kurzen Zeitraum nach dem letzten Arztbesuch kann der Arzt anhand seiner Dokumentationen die Beeinträchtigungen genau beschreiben. Es besteht solange weiterhin ein Anspruch auf Tagegeld.[213]

 

Rz. 286

Zu weit geht aber die Ansicht, dass auch für die längere Unterbrechung einer aktiven Behandlung (Behandlungspause), soweit sie in einem Therapiekonzept vorgesehen ist, Anspruch auf Tagegeld bestehen soll.[214] Hiermit würde der na...

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