a) Verpflichtung zur Tätigkeit
Rz. 58
Der Gesetzgeber vermeidet den ihm im Zusammenhang mit § 27 Abs. 2, 3 WEG a.F. unterlaufenen Fehler und stellt klar, dass der Verwalter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu ergreifen, über die eine Beschlussfassung nicht geboten ist. Die Pflicht besteht allerdings entsprechend der neuen Gesetzessystematik nur der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber. Wie der einzelne Wohnungseigentümer den Verwalter nicht auf Durchführung eines Beschlusses in Anspruch nehmen kann, ist er auch nicht berechtigt, die Durchführung einer Maßnahme gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG von ihm zu verlangen.
b) Vorgehen bei bestrittener Berechtigung zum Tätigwerden nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG
Rz. 59
Mit der Einführung einer umfassenden Berechtigung und Verpflichtung zum Tätigwerden ohne Beschluss ist der Verwalter umgekehrt nicht mehr durch einen solchen in seinem Tun gerechtfertigt. Es stellt sich folglich die neue Frage, wer wie vorgehen muss, wenn er die Berechtigung des Verwalters aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG bestreitet. Nach der neuen Gesetzessystematik, derzufolge der Verwalter allein der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber verpflichtet ist, dürfte das Vorgehen eines einzelnen Wohnungseigentümers gegen den Verwalter ausgeschlossen sein. Wenn er aus diesem Grunde vom Verwalter nicht positiv die Durchführung einer Maßnahme verlangen kann, kann für deren Unterlassung nichts anderes gelten. Wer den Verwalter nicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht zur Durchführung einer Maßnahme berechtigt hält, muss kann ihn demnach nur mittelbar über ein Einschreiten der Wohnungseigentümergemeinschaft davon abhalten. Nur diese kann den Verwalter – notfalls im Verfahren nach § 43 Abs. 2 Nr. 3 WEG – anweisen, bestimmte Maßnahmen zu unterlassen. Dies erfordert indessen deren Willensbildung im Wege der Beschlussfassung oder Beschlussersetzung. Für den einzelnen Wohnungseigentümer ist die Durchsetzung seines Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung also erheblich aufwendiger geworden.
Rz. 60
Praxistipp
Ein Beschluss, der dem Verwalter die Durchführung einer Maßnahme untersagt, ist immer möglich. Denn die Eigentümerversammlung darf mit einem Beschluss nach § 27 Abs. 2 WEG die Rechte und Pflichten des Verwalters aus § 27 Abs. 1 WEG im Innenverhältnis ohne weiteres einschränken. Das Verbot, eine bestimmte Maßnahme durchzuführen, kann die Eigentümerversammlung daher immer aussprechen, unabhängig davon, ob es von § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG gedeckt wäre.
c) Anrufung der Eigentümerversammlung bei Maßnahmen nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG
Rz. 61
Die erhebliche, aber in Gesetzestext und -materialien nicht sonderlich klar konturierte Erweiterung der Alleinentscheidungskompetenzen des Verwalters wird in der Praxis schnell die Frage aufkommen lassen, ob dieser in Zweifelsfragen die Eigentümerversammlung anrufen kann. Denn auf diesem Wege kann er, wie nach altem Recht, durch einen Beschluss Rechtssicherheit erreichen. Dies dürfte nach dem Wortlaut der Vorschrift zulässig sein. Denn danach ist er nur verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, über die eine Beschlussfassung nicht geboten ist. Er ist nicht verpflichtet, diese Maßnahmen auch tatsächlich ohne Beschlussfassung zu treffen. In Schwierigkeiten kann er allerdings geraten, wenn seine Alleinentscheidungskompetenz bei gebotener rechtlicher Prüfung klar ersichtlich ist und die Anrufung der Eigentümerversammlung zu einer Verzögerung führt. Denn dann ist er mit der Erfüllung seiner Verpflichtung aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG schuldhaft in Verzug, was Schadensersatzansprüche nach sich ziehen kann.