a) Teilbereiche der Verwaltung
Rz. 37
Es kann in der Verwalterpraxis dazu kommen, dass der Verwalter eine bestimmte Aufgabe nicht selbst erledigen kann. Dieses Problem wurde früher durch die Bestellung eines Vertreters durch Beschluss nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a.F. entschärft. War der Verwalter etwa in dem Termin zur Versteigerung der Wohnung eines säumigen Miteigentümers, die die Wohnungseigentümergemeinschaft ersteigern wollte, in Urlaub, war über den Vertreter die Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft sichergestellt. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber mit der Streichung des § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a.F. ersatzlos entfallen lassen, was er damit begründete, dass der Minderheit die Existenz eines Vertreters nicht zuzumuten sei, der nicht die Pflichten eines Verwalters hat. Bereits dies erscheint zweifelhaft. Beispiele dafür, dass ein Vertreter nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a.F. seine Bevollmächtigung missbraucht hätte, nennen weder die Materialien noch wären sie sonstwie ersichtlich. Im Ergebnis bleibt die Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn ihr Verwalter verhindert ist, handlungsunfähig. Da die Gesetzesmaterialien sogar die Beschlusskompetenz für die Bestellung eines Vertreters in Abrede stellen, wäre die Bestellung eines solchen Vertreters sogar nichtig. Selbst nach früherem Recht wirksame Beschlüsse nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a.F. verlieren mit Inkrafttreten des WEMoG ihre Wirkung. Eine Bindung der Wohnungseigentümergemeinschaft kraft Anscheinsvollmacht kommt nicht in Betracht, da der Mangel der Vollmacht bereits aus dem Gesetz ersichtlich ist.
Rz. 38
Praxistipp
Die misslungene Regelung wird allerdings seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft in vielen Fällen recht einfach zu umgehen sein. Denn sie kann das von ihrem vollmachtlosen Vertreter geschlossene Geschäft schlicht nach § 177 Abs. 1 BGB genehmigen, womit es wirksam wird. Da die Willensbildung der Wohnungseigentümergemeinschaft durch Beschluss erfolgt, kann über einen Vertrag doch wieder durch die Mehrheit der anwesenden Eigentümer beschlossen werden.
b) Wohnungseigentümergemeinschaften ohne Verwalter
Rz. 39
Noch dramatischer wirkt sich die Streichung des § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a.F. auf Wohnungseigentümergemeinschaften ohne Verwalter aus. Nach § 9b Abs. 1 S. 2 WEG vertreten die Wohnungseigentümer ihren Verband gemeinschaftlich, worin die Gesetzesmaterialien zutreffend einen Fall der Gesamtvertretungsberechtigung sehen. Dies belässt es zwar für diejenigen, die der Wohnungseigentümergemeinschaft Willenserklärungen oder Zustellungen zukommen lassen wollen, beim Althergebrachten: Auf Passivseite genügt hierfür gemäß § 170 Abs. 3 ZPO (analog) der Zugang bei einem Wohnungseigentümer. Will die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer dagegen ihrerseits aktiv im Rechtsverkehr handeln, lassen die Gesetzesmaterialien, von ihrem Standpunkt aus konsequent, die Bestellung eines Vertreters nur bei Einigkeit aller Wohnungseigentümer zu. Damit kommt es zu dem Paradoxon, dass die Wohnungseigentümer zwar über alle Angelegenheiten der Verwaltung mit Mehrheit der anwesenden Miteigentümer entscheiden, nach außen aber nur einheitlich auftreten können. Die Wohnungseigentümer werden also mittelbar gezwungen, einen Verwalter zu bestellen. Denn ihre Geschäftspartner werden sich häufig nicht auf ein Geschäft einlassen, das ohne eine Genehmigung nach § 177 Abs. 1 BGB für ihren Geschäftspartner, die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht bindend ist.
Rz. 40
Praxistipp
In dieser Situation sollen sich die Wohnungseigentümer in kleinen Gemeinschaften, die von dem Problem hauptsächlich betroffen sind, darauf besinnen, dass sie in der Wahl ihres Verwalters und der Bestimmung seiner Amtsdauer in den Grenzen des § 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG frei sind. Sie können also kostensparend einen Verwalter aus ihrer Mitte nur für die Zeit bis zur Abwicklung des anstehenden Rechtsgeschäftes bestellen.