I. Grundsatz
Rz. 73
Erstmals enthält das Gesetz in § 9a Abs. 3 WEG eine Regelung zur Verwaltung des Verbandsvermögens. Danach gelten die Vorschriften zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums in §§ 18, 19 Abs. 1 und 27 WEG entsprechend. Die Wohnungseigentümer entscheiden somit gemäß § 19 Abs. 1 WEG durch Mehrheitsbeschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung auch über Verwaltung und Benutzung des Gemeinschaftsvermögens. Der einzelne Wohnungseigentümer hat aus § 18 Abs. 2 WEG hierauf sogar einen Anspruch. Die Verwaltungsbefugnis der Wohnungseigentümer umfasst insbesondere die Verwendung vorhandener Mittel, den Erwerb, die Erhaltung und Veräußerung von Gegenständen im Verwaltungsvermögen sowie ihren Gebrauch.
II. Überschneidung mit Pflichten als Sondereigentümer
1. Grundeigentum als Gemeinschaftsvermögen
Rz. 74
Das Gemeinschaftsvermögen kann, wie heute allgemein anerkannt ist, Immobiliareigentum umfassen, auch in der eigenen Liegenschaft. Grundsätzlich gelten für seine Verwaltung die allgemeinen Grundsätze; insbesondere bildet die Wohnungseigentümergemeinschaft ihren Willen über Erwerb und Verkauf ebenfalls durch Mehrheitsbeschluss. Anders als beim Gemeinschaftseigentum ist nicht die Mitwirkung aller Wohnungseigentümer erforderlich. Für Immobiliareigentum außerhalb der eigenen Liegenschaft gilt die Verweisung in § 9a Abs. 3 WEG unbeschränkt. Insbesondere kann jeder Wohnungseigentümer nach § 18 Abs. 3 WEG Notmaßnahmen vornehmen und nach § 18 Abs. 4 WEG Einsicht in die Verwaltungsunterlegen nehmen.
2. Sondereigentum im Gemeinschaftsvermögen
Rz. 75
Für die Verwaltung einer Einheit der Wohnungseigentümergemeinschaft in der eigenen Liegenschaft kann die Verweisung in § 9a Abs. 3 WEG dagegen nicht uneingeschränkt gelten. Besonders augenfällig wird dies anhand der Notgeschäftsführung. Wörtlich genommen würde die Inbezugnahme des § 18 Abs. 3 WEG in § 9a Abs. 3 WEG darauf hinauslaufen, dass jeder Wohnungseigentümer auch in das Sondereigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft eingreifen könnte, um weiteren Schaden zu vermeiden. Dies kollidiert indessen mit den allgemeinen Regeln, wonach jeder Wohnungseigentümer für die Erhaltung seines Sondereigentums selbst zuständig ist. Ähnliches gilt für das Einsichtsrecht aus § 18 Abs. 4 WEG. Kein Wohnungseigentümer hat das Recht, beliebig Einsicht in die von Mietinteressenten seiner Miteigentümer eingereichten Gehaltsunterlagen, Schufa-Auskünfte o.ä. zu nehmen, also auch nicht in die entsprechenden Unterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Für vermietetes Sondereigentum kann schon aus Gründen des Datenschutzes nichts anderes gelten. Aber auch ansonsten können die Regelungen zu Sonder- und Gemeinschaftseigentum kollidieren. In diesen Fällen sind für die Bewirtschaftung des Sondereigentums im Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft die Regelungen zur Verwaltung und Nutzung des Sondereigentums vorrangig. Die Eigentümermehrheit kann eine zulässig beschlossene Regelung zur eingeschränkten Nutzung von Sondereigentum nicht unter Berufung auf §§ 9a Abs. 3, 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG für eine "eigene" Wohnung abändern, weil für Gemeinschaftseigentum großzügigere Regelungen gelten. Ebenso unterfallen über die Erhaltung hinausgehende Veränderungen des gemeinschaftseigenen Sondereigentums den Spezialregelungen in §§ 13 Abs. 2, 20 WEG und nicht der allgemeinen Verwaltungsbefugnis aus §§ 9a Abs. 3, 18 WEG. Denn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist vollwertige Miteigentümerin mit den entsprechenden Rechten und Pflichten.
III. Folgen des Verweises in § 9a Abs. 3 WEG für den Verwalter
Rz. 76
Die Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens war bislang im Gesetz nicht und zumal nicht als Mindestaufgabe des Verwalters geregelt. In der Folge konnte der Verwalter jedenfalls in bestimmten Fällen wie der Verwaltung von Sondereigentum eine diesbezügliche Tätigkeit ablehnen bzw. von der Gewährung einer Sondervergütung abhängig machen. Dies dürfte nach neuem Recht nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Erklärt § 9a Abs. 3 WEG nunmehr auf die Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens die Regelungen zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums für anwendbar, gehören beide zu den gesetzlichen Aufgaben des Verwalters. Handelt er nur eine Pauschalvergütung aus, deckt diese auch die Verwaltung des Gemeinschaftsvermögens und somit die Sondereigentumsverwaltung einer im Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft stehenden Einheit ab. Nach Rechtsprechung des BGH ist es aber möglich, neben einer Grundvergütung für die ständig anfallenden Aufgaben des Verwalters Sondervergütungen für einzelne, klar abgegrenzte Aufgaben des Verwalters auszuweisen. Der Verwaltervertrag kann somit schon nach altem Recht sogar für Mindestaufgaben gemäß § 27 Abs. 4 WEG a.F. und erst recht für die Verwaltung von Sondereigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft zusätzliche Vergütungen vorsehen. Es muss nur klar sein, welche (ständig anfallenden) Aufgaben von der Grundvergütung erfasst sind.