1. Verwalter
a) Keine Wirkung der Vollmacht gegen die Wohnungseigentümer
Rz. 41
Die gesetzliche Vollmacht des Verwalters aus § 9b Abs. 1 S. 1 WEG wirkt nur gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht gegen einzelne oder alle Wohnungseigentümer. Dies gilt auch in gemeinschaftsbezogenen Angelegenheiten, etwa bei der Zustellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wegen der Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks. Obwohl es hierbei um einen wichtigen Schritt zur Verhinderung guten Glaubens in eingetragene, aber angefochtene Beschlüsse geht, kann der Verwalter derartige Zustellungen nicht entgegennehmen. Tut er es gleichwohl, ist die Zustellung unwirksam.
b) Reichweite der Vollmacht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft
Rz. 42
Die Vollmacht aus § 9b Abs. 1 S. 1 WEG umfasst mit Ausnahme von Grundstückskauf- und Darlehensverträgen jegliche Rechtsgeschäfte der Wohnungseigentümergemeinschaft, auch rechtsgeschäftsähnliche Handlungen und einseitige Rechtsgeschäfte. Anders als nach früherem Recht, das die Reichweite der Verwaltervollmacht etwa bei "laufenden Maßnahmen" gemäß § 27 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 WEG a.F. nur unklar definierte, hat der Rechtsverkehr nun Klarheit. Erst recht bedarf es nicht mehr der Nachfrage nach einem bevollmächtigenden Beschluss. Die gesetzliche Vollmacht wirkt auch dann zugunsten eines Geschäftspartners, wenn dieser von Beschränkungen im Innenverhältnis weiß. Eine Ausnahme gilt nur für ein kollusives Zusammenwirken mit dem Verwalter zulasten der Wohnungseigentümergemeinschaft.
c) Grundstückskauf- und Darlehensverträge
Rz. 43
Wohl auf die Kritik in der öffentlichen Diskussion hin schränkte der Gesetzgeber die Vollmacht des Verwalters in § 9b Abs. 1 S. 1 WEG (geringfügig) ein. Demnach besteht die Vollmacht des Verwalters "beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages aber nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer." Es darf bezweifelt werden, dass damit den Bedenken in der Diskussion um die weitreichende gesetzliche Vollmacht des Verwalters für die Wohnungseigentümergemeinschaft hinreichend Rechnung getragen wurde. Denn bislang bekannt gewordene Missbräuche von Verwaltervollmachten haben gewiss nicht den An- oder Verkauf von Grundstücken oder den Abschluss von Darlehensverträgen zum Gegenstand. Sie betreffen vielmehr unrechtmäßige Verfügungen über Gemeinschaftsvermögen meist zugunsten des Verwalters oder ihm nahestehender natürlicher oder juristischer Personen. Diese werden durch die nun eingefügte Einschränkung bei Grundstückskauf- und Darlehensverträgen nicht verhindert.
Rz. 44
Gleichwohl beschränkt § 9b Abs. 1 S. 1 WEG die Vollmacht des Verwalters nur bei Grundstücks- oder Darlehensverträgen. Ersteres betrifft freilich nur den An- oder Verkauf von Grundstücken im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft. Veräußerungsgeschäfte über das Gemeinschaftseigentum kann der Verwalter nach wie vor nicht tätigen, da dieses den Wohnungseigentümern gehört, für die ihm das Gesetz keine Vollmacht einräumt. Im Übrigen lässt der Wortlaut der Vorschrift offen, ob die Einschränkung des § 9b Abs. 1 S. 1 WEG die Verwaltervollmacht bei Grundstückskauf- und Darlehensverträgen entfallen lässt. Die Vorschrift ließe sich auch dahingehend verstehen, dass es nur eines zusätzlichen Beschlusses der Wohnungseigentümer bedarf, mit dem sie über den Abschluss eines solchen Vertrages positiv befinden. Nach den Gesetzesmaterialien bedarf es aber eines separaten Beschlusses über die Erteilung einer diesbezüglichen Vollmacht. Bei Grundstückskaufverträgen muss dieser zudem in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden, was § 26 Abs. 4 WEG erleichtert.
d) Ausschluss der Einschränkung im Außenverhältnis
Rz. 45
Die Wohnungseigentümer können zwar gemäß § 27 Abs. 2 WEG die Rechte und Pflichten des Verwalters einschränken. Ein solcher Beschluss wirkt aber nur im Innenverhältnis. Die gesetzliche Vollmacht des § 9b Abs. 1 S. 1 WEG kann gemäß § 9b Abs. 1 S. 3 WEG weder in der Gemeinschaftsordnung noch durch Vereinbarung und erst recht nicht durch Beschluss mit Wirkung im Außenverhältnis ausgeschlossen oder begrenzt werden. Die Vollmacht des Verwalters kann nach außen auch nicht mittelbar eingeschränkt werden, etwa durch eine Bestimmung der Art, dass der Verwalter bestimmte Geschäfte nur mit Zustimmung des Verwaltungsbeirates vornehmen kann. Soweit die Gesetzesmaterialien im Zusammenhang mit den Vorschriften zum Verwaltungsbeirat solche Zustimmungsvorbehalte noch für zulässig befinden, wirken sie nur im Innenverhältnis. Selbstverständlich verletzt der Verwalter aber seine Pflichten im Innenverhältnis, wenn er sich über Zustimmungserfordernisse oder Weisungen der Eigentümerversammlung hinwegsetzt. Das kann aber nur Schadensersatzansprüche begründen, stellt indessen nicht die Wirksamkeit seines Handelns im Außenverhältnis in Frage.
e) Erweiterungen der Vollmacht
Rz. 46
§ 9b Abs. 1 S. 1 WEG ist nur einseitig unabdingbar, nämlich im Hinblick auf eine Beschränkung der Vollmacht. Die Vollmacht des Verwalters kann aber durch die Gemeinschaftsordnung oder durch Beschluss mit Wirkung nach außen...