1. Haftungserleichterung
a) Hintergrund der gesetzlichen Regelung
Rz. 92
Nach bisher ganz h.M. führte die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit im Verwaltungsbeirat nicht zu einer Haftungsprivilegierung. Gerade bei Verfügungsbeschränkungen nach § 27 Abs. 5 S. 2 WEG a.F., die nach den Gesetzesmaterialien nach wie vor über § 27 Abs. 2 WEG beschlossen werden dürfen, konnte eine unvorsichtige oder einfach nur vertrauensselige Zustimmung zu Vermögensverschiebungen des Verwalters zu einem existenzbedrohenden Risiko werden, ebenso die Ausübung zusätzlicher, in der Gemeinschaftsordnung vorgesehener Aufgaben und Befugnisse. Dadurch konnten potentielle Amtsbewerber abgeschreckt werden. Der Gesetzgeber sieht daher in § 29 Abs. 3 WEG nun eine generelle Haftungsbeschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz vor. Pflichtverletzungen, die auf einem geringeren Verschulden beruhen, haben die Mitglieder des Verwaltungsbeirates nicht mehr zu vertreten.
b) Individueller Maßstab
Rz. 93
Der Gesetzgeber stellt mit dieser Neuregelung nicht auf mögliche Fehler des Gesamtorgans ab, für die dessen Mitglieder gesamtschuldnerisch oder nach Anteilen haften. Er wählt mit der Bezugnahme auf die Mitglieder einen individuellen Maßstab. So scheidet eine Haftungserleichterung einerseits aus, wenn ein Mitglied des Verwaltungsbeirates nicht unentgeltlich tätig wird. Umgekehrt muss grobe Fahrlässigkeit bzw. Vorsatz dem einzelnen Mitglied des Verwaltungsbeirates vorwerfbar sein. Besteht etwa innerhalb des Verwaltungsbeirates Aufgabenteilung, kann der für einen Bereich Verantwortliche u.U. grob fahrlässig handeln, ohne dass dies einem Verwaltungsbeiratsmitglied ohne weiteres zuzurechnen wäre. Ebenso können besondere Qualifikationen etwa auf bautechnischem oder juristischem Gebiet zulasten eines Verwaltungsbeiratsmitglieds haftungsverschärfend zu berücksichtigen sein, ohne dass dies auch gegen andere Verwaltungsbeiratsmitglieder wirken muss, die nicht über eine entsprechende Qualifikation verfügen.
2. Frühere Möglichkeiten der Haftungsbegrenzung
Rz. 94
Frühere Möglichkeiten der Haftungserleichterung, etwa der Beschluss einer Haftungsbegrenzung für einen konkreten Verwaltungsbeirat verlieren vor diesem Hintergrund an Bedeutung. Ausgeschlossen werden sie durch die Haftungsbegrenzung im Gesetz nicht. Allerdings ist nunmehr zu prüfen, ob sie noch ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Etwa der Abschluss einer Haftpflichtversicherung für den Verwaltungsbeirat und die Übernahme der Kosten dürfte nach wie vor im Hinblick auf die Abwendung von Schäden für die Gemeinschaft aufgrund liquiden Anspruchsgegners zu rechtfertigen sein.
3. Einfluss auf Haftpflichtversicherungen für den Verwaltungsbeirat
Rz. 95
Soweit alte Haftpflichtversicherungen bestehen, dürften sie in zweifacher Hinsicht zu überprüfen sein. Sofern die Versicherung nur an die Stelle des Verwaltungsbeiratsmitgliedes tritt, reduziert sich durch die gesetzliche Neuregelung der Haftungsumfang beträchtlich. Dies sollte Anlass sein, entweder über einer Herabsetzung der Prämien oder über eine Ausweitung des Versicherungsschutzes nachzudenken.
4. Entgeltliche Tätigkeit
Rz. 96
Mit der Einführung der Haftungsprivilegierung in § 29 Abs. 3 WEG ist der frühere Streit entschieden, ob dem Verwaltungsbeirat eine Vergütung zuerkannt werden kann. Denn der Gesetzgeber hält dies ausweislich seiner Einschränkung ("Sind Mitglieder des Verwaltungsbeirates unentgeltlich tätig") offenkundig für zulässig, da sie anderenfalls überflüssig wäre. Erhält der Verwaltungsbeirat überhaupt irgendwelche Leistungen seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft, gewinnt nicht zuletzt für die Haftungsprivilegierung die Abgrenzung zwischen entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit erheblich an Bedeutung. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass auch ein unentgeltlich tätiger Verwaltungsbeirat aus § 670 BGB Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat etwa für Telefon, Kopien und Briefmarken. Auch eine der Vereinfachung dienende angemessene, den tatsächlichen Aufwand abdeckende Pauschale ist zulässig. Die Abgrenzung zur entgeltlichen Tätigkeit ist nicht anhand der Bezeichnung dieser Leistung, sondern anhand ihrer tatsächlichen Rechtsnatur zu ziehen. Soll sie nur den Aufwand des Verwaltungsbeirats abgelten, liegt eine unentgeltliche Tätigkeit vor, soll die Leistung dagegen die Tätigkeit als solche vergüten, ist von Entgeltlichkeit auszugehen.