A. Die neue Stellung des Verwalters

I. Dreifacher Systemwandel

 

Rz. 1

Mit dem WEMoG erfährt die Stellung des Verwalters in dreifacher Hinsicht einen durchgreifenden Systemwandel. Zum einen wird die Wohnungseigentümergemeinschaft durch § 18 Abs. 1 WEG zur alleinigen Trägerin der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Sämtliche Ansprüche sowohl auf bestimmte Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung als auch Sekundäransprüche wegen fehlerhafter Verwaltung sind folglich in erster Linie gegen sie zu richten. Der Verwalter kommt erst bei Inanspruchnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft als Anspruchsgegner in Betracht. Zum zweiten wird der Verwalter entsprechend dieser Grundkonzeption allein für die Gemeinschaft, nicht mehr für die Wohnungseigentümer tätig. Ihnen gegenüber kommen ihm weder im Innenverhältnis Befugnisse noch im Außenverhältnis Vollmacht zu. Schließlich gibt der Gesetzgeber das System beschränkter Vollmachten nach außen und unabdingbarer Befugnisse nach innen vollständig auf. Der Verwalter ist nunmehr gemäß § 9b Abs. 1 WEG Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft mit nach außen unbeschränkbaren Vollmachten. Im Innenverhältnis können die Wohnungseigentümer die Befugnisse des Verwalters gemäß § 27 Abs. 2 WEG unbeschränkt erweitern oder eingrenzen. Die weiteren Änderungen des Gesetzes stellen im Wesentlichen Folgemodifikationen dar.

II. Wohnungseigentümergemeinschaft als Trägerin der Verwaltung (§ 18 Abs. 1 WEG)

1. Verpflichtung zur Verwaltung

a) Reguläre Verwaltung

 

Rz. 2

Der Gesetzgeber verlagert die Beschlussdurchführung und die ordnungsmäßige Verwaltung allgemein unter ausdrücklicher Ablehnung der höchstrichterlichen Rechtsprechung[1] vom Verwalter auf die Wohnungseigentümergemeinschaft. Soweit er in § 18 Abs. 1 WEG formuliert, die "Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer", handelt es sich um eine unzutreffende Begrifflichkeit. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ist nicht nur Obliegenheit, sondern Rechtspflicht.[2] Soweit das Gesetz dem Verwalter noch bestimmte Aufgaben zuweist, handelt es sich um eine interne Zuständigkeitsverteilung,[3] also um Regelungen im Innenverhältnis, deren Durchführung nunmehr Sache der Wohnungseigentümergemeinschaft ist. Damit wird sie vom dienenden Glied, das nach Konzeption der Novelle aus dem Jahre 2007 nur die Abwicklung von Schuldverhältnissen nach innen und außen vereinfachen sollte, zur eigentlich Verantwortlichen. Abgesehen von Fällen der Notgeschäftsführung handelt sie auf der Ebene der Willensbildung durch die Eigentümerversammlung und auf der Ebene der Ausführung durch den Verwalter.

[1] Hierzu s. BT-Drucks 19/18791, S. 56.
[2] So zutreffend BT-Drucks 19/18791, S. 56.
[3] BT-Drucks 19/18791, S. 56.

b) Entscheidung über ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung

 

Rz. 3

Nach § 19 Abs. 1 WEG entscheiden die Wohnungseigentümer über die ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung durch Beschluss, sofern sie nicht durch Vereinbarung geregelt ist. Diese weitgesteckte Beschlusskompetenz entspricht inhaltlich den Vorgängervorschriften in § 15 Abs. 2 WEG a.F. und § 21 Abs. 3 WEG a.F., fasst lediglich Verwaltung und Gebrauch zusammen. Inhaltliche Änderungen sind hiermit nicht bezweckt, so dass insoweit auf Rechtsprechung und Literatur zum alten Recht verwiesen werden kann. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem früheren Recht folgt jedoch aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG, wonach der Verwalter auch ohne Beschlussfassung der Eigentümerversammlung tätig werden kann.[4] § 19 Abs. 1 WEG findet also nur dort Anwendung, wo der Verwalter nicht zur eigenen Entscheidung befugt ist.

[4] Hierzu ausführlich u. Rdn 52 ff.

c) Notgeschäftsführung

 

Rz. 4

Nur in Dringlichkeitsfällen darf der einzelne Wohnungseigentümer gemäß § 18 Abs. 3 WEG ohne Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer die erforderlichen Maßnahmen zur Abwendung weiterer Schäden ergreifen. Die Vorschrift entspricht wörtlich der Vorgängernorm (§ 21 Abs. 2 WEG a.F.). Mangels inhaltlicher Änderungen kann daher auf die dortigen Kommentierungen verwiesen werden.

2. Inhaltliche Vorgaben

a) Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung

 

Rz. 5

Inhaltlich enthält das neue Recht keine neuen Vorgaben dazu, was ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. § 18 Abs. 2 Nr. 1 und 2 WEG fasst den bislang in § 15 Abs. 3 WEG a.F. und § 21 Abs. 4 WEG a.F. normierten Anspruch auf eine ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums und Benutzung von Sonder- und Gemeinschaftseigentum zusammen. Die Definition der ordnungsmäßigen Verwaltung lehnt sich textlich und inhaltlich eng an die Vorgängernormen an, so dass Änderungen gegenüber dem früheren Recht nicht eintreten. Ist eine Maßnahme in den Einzelbeispielen des § 19 Abs. 2 WEG vorgesehen, entspricht eine diesbezügliche Beschlussfassung regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung. Umgekehrt ist die Ordnungswidrigkeit einer hiervon abweichenden Beschlussfassung indiziert. Sie kann regelmäßig erfolgreich durch eine Beschlussklage angegriffen und erforderlichenfalls im Verfahren nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG durch gerichtliche Entscheidung ersetzt werden.

b) Dem bisherigen Recht entsprechende Einzelbeispiele (§ 19 Abs. 2 WEG)

 

Rz. 6

§ 19 Abs. 2 WEG listet die früher in § 21 Abs. 5 WEG a.F. enumerierten Beispiele ordnungsmäßiger Verwaltung auf. § 19 Abs. 2 Nr. 1 (Hausordnung) und § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG (Instandhaltung und Instandsetzung) entsprechen mit der Ausnahme, dass § 19 Abs....

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