Rz. 53
Der Erbverzicht selbst ist grundsätzlich erbschaftsteuerneutral, da die Erbteilserhöhung keine Schenkung für die verbleibenden Erben darstellt. Die Zahlung, die für einen Erbverzicht als Abfindung erfolgt, wird erbschaftsteuerlich wegen § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG einer Erbschaft gleichgestellt. Demzufolge kann der Wert des Erbverzichts nicht vom Wert der Abfindung abgezogen werden. Die Vorversterbensfiktion gem. § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB führt bei einem erbenden Enkel im Verhältnis zu dessen Großvater als Erblasser nicht zu einem erbschaftsteuerlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG (Verhältnis Kind – Eltern). Es bleibt vielmehr der Freibetrag für Enkelkinder nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG.
Rz. 54
Zuwendungen unter Lebenden, mit denen ein Ehegatte dem anderen Ehegatten Eigentum oder Miteigentum an einem im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus oder einer im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung (Familienwohnheim) verschafft oder den anderen Ehegatten von eingegangenen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder der Herstellung des Familienwohnheims freistellt, bleiben schenkungsteuerfrei. Dies gilt auch dann, wenn die Ehe bei der Anschaffung oder Herstellung des Objekts noch nicht bestanden hatte. Zu den Zuwendungen unter Lebenden gehören nach der Rechtsprechung des BFH dann auch Abfindungen für einen Erbverzicht.
Rz. 55
Bei hohen Abfindungszahlungen, die den persönlichen Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG überschreiten, bietet sich wegen § 14 Abs. 1 ErbStG an, die Abfindung in mehreren Teilen auszuzahlen. Um einen steuerlichen Vorteil zu erzielen, wäre daran zu denken, entweder einen Teil über eine sofortige Abfindung auszuzahlen, den Rest über ein Vermächtnis oder aber sehr frühzeitig den Verzichtsvertrag abzuschließen, weil zwischen Erbanfall und Abfindungszahlung mindestens zehn Jahre liegen müssen. Wegen § 2302 BGB kann sich der Erblasser nicht verpflichten, die Abfindung durch eine zukünftig zu errichtende Verfügung von Todes wegen zu leisten. Vorsorglich ist also entweder ein paralleler Erbvertrag mit abzuschließen oder aber es ist mit auflösenden Bedingungen zu arbeiten.
Ebenso ergeben sich keine einkommensteuerrechtlichen Auswirkungen, zumal die Abfindung keine Anschaffungskosten für den die Abfindung Leistenden darstellt.
Rz. 56
Wird der Abfindungsbetrag in jährlichen Beträgen und nicht einer Summe ausbezahlt, fällt auch keine Einkommensteuer an. Lediglich ein in den wiederkehrenden Leistungen inkludierter Zinsanteil käme als einkommensteuerlich relevanter Zuwachs nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Betracht.
Rz. 57
Wird die Abfindung durch einen Dritten und nicht durch den Erblasser gezahlt, so ist zu beachten, dass dennoch für die Ermittlung der Steuerklasse das Verhältnis zwischen dem Verzichtenden zum Erblasser ausschlaggebend ist. Verzichten also z.B. die Kinder zugunsten ihrer Geschwister gegen Zahlung einer Abfindung, Zusage einer Rente auf Lebenszeit oder anderer wiederkehrender Bezüge definitiv auf ihre künftigen Erbansprüche, müssen sie dafür keine Einkommensteuer zahlen. Im Gegenzug dürfen die Geschwister, die die Abfindung oder die Rente zahlen, die Zahlungen nicht von der Steuer absetzen. Das gilt – so der BFH – zumindest für den Fall, dass mit der Abfindung oder Rente die Erb- oder Pflichtteilsansprüche voll abgegolten werden. Im dem entschiedenen Fall des BFH hatten zwei Schwestern nach Lebzeiten ihres Vaters – eines Unternehmers – auf ihre künftigen Erb- und Pflichtteilsansprüche verzichtet. Dafür war ihr als Erbe eingesetzter Bruder, der das Unternehmen fortführen sollte, nach dem Tod des Vaters verpflichtet, ihnen auf Lebenszeit eine Rente zu zahlen und jeweils eine Lebensversicherung in Höhe von 500.000 DM für sie abzuschließen.
Wenn die Geschwister durch die Abfindung oder Rente nur "versorgt" worden wären, sie sich also mit weniger zufrieden gegeben hätten, als ihnen nach dem Gesetz zugestanden hätte, wäre der Fall anders zu beurteilen gewesen. Von diesen "Versorgungsleistungen" hätte der Erbe dann den in der Rente enthaltenen Zinsanteil als Sonderausgaben absetzen können.
Rz. 58
Verzichtet ein zur gesetzlichen Erbfolge Berufener auf seinen künftigen Erb- oder Pflichtteil und erhält hierfür anstelle eines Einmalbetrages der Höhe nach begrenzte wiederkehrende Zahlungen, sind diese bei ihm nicht als wiederkehrende Leistungen nach § 22 S. 1 Nr. 1 EStG steuerbar. Kommt es zur nachträglichen Aufhebung des Verzichts und Rückzahlung der Abfindung, entfällt wegen § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG die Schenkungsteuer.
Etwaige Abfindungen bzw. Zuwendungen im Rahmen der Erfüllung eines Nachabfindungsanspruchs wegen einer freiwilligen Übergabe eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes, ohne dass diese im Zusammenhang mit einer Veräußerung einzelner Hofgrundstücke stehen, fallen nicht unter die steuerliche Begünstigung des § 14a Abs. 4 EStG.
Eine Grundstücksübertragung als Abfindun...