Rz. 16
Durch die Vereinbarung eines Erbverzichts scheidet der Verzichtende (Verwandter oder Ehegatte) lediglich aus der gesetzlichen Erbfolge aus, d.h., er kann ohne weiteres durch Verfügung von Todes wegen Erbe werden. Die Wirkung des Erbverzichts wird nur gegenüber dem Erblasser entfaltet. Der Verzichtende wird nach der in § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB kodifizierten Vorversterbensfiktion (vgl. Rdn 1) so gestellt, als wenn er zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr leben würde. Aus diesem Grunde entfällt auch sein Pflichtteilsrecht. Etwaige Pflichtteilsrestansprüche nach § 2305 BGB oder Pflichtteilsergänzungsansprüche gehen ebenfalls unter.
Rz. 17
Ein Erbverzicht ist aber auch – abweichend von der gesetzlichen Anordnung nach § 2346 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB – unter Vorbehalt des Pflichtteilsanspruchs möglich. Von dieser Variante wird allerdings in der Rechtspraxis sehr selten Gebrauch gemacht, da die gleiche Wirkung durch eine enterbende letztwillige Verfügung zu erreichen ist. Demgemäß wird man von dieser Möglichkeit in den Fällen Gebrauch machen, bei denen der Erblasser nicht mehr testierfähig ist. Ein testierunfähiger Erblasser kann nämlich ohne weiteres einen Erbverzicht durch seinen gesetzlichen Vertreter schließen.
Rz. 18
Der Verzicht gilt auch für Abkömmlinge, wenn der Verzichtende seitenverwandt oder Abkömmling des Erblassers ist. Hier besteht allerdings nach § 2349 BGB die Möglichkeit, etwas anderes zu bestimmen. Zulässig ist ferner, die Verzichtswirkung auf einzelne Abkömmlinge zu begrenzen.
Rz. 19
Durch diesen gesetzlich gewollten Wegfall erhöhen sich folglich sowohl die Erbquoten der übrigen gesetzlichen Erben als auch die Pflichtteilsquoten (§§ 2310 S. 2, 2316 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Folge tritt nicht beim einfachen Pflichtteilsverzicht gem. § 2346 Abs. 2 BGB ein.
Nach § 2309 BGB sind entferntere Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers insoweit nicht pflichtteilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge ausschließen würde, den Pflichtteil verlangen kann oder das ihm Hinterlassene annimmt. Hat sich der Verzichtende sein Pflichtteilsrecht vorbehalten, ist die Pflichtteilsberechtigung der entfernten Verwandten bereits nach § 2309 Alt. 1 BGB ausgeschlossen. Das gleiche gilt bei Annahme von Zuwendungen des Erblassers von Todes wegen seitens des Verzichtenden. Als hinterlassen gelten indes insbesondere auch die Abfindung oder unter Anordnung einer Anrechnungs- oder Ausgleichspflicht erfolgte Vorempfänge. Im Einzelnen ist in der Rechtsprechung noch größten Teils ungeklärt, welche Zuwendungen des Erblassers an den Verzichtenden zu einer Reduzierung des Pflichtteils der entfernteren Abkömmlinge oder Eltern nach § 2309 BGB führen.
Rz. 20
Der Zugewinnausgleichsanspruch nach §§ 1371 Abs. 2, 1372 BGB wird nicht vom Verzicht umfasst. Allerdings entfällt bei einem Verzicht eines zur gesetzlichen Erfolge berufenen Hausangehörigen der Anspruch gem. § 1969 BGB auf den sog. Dreißigsten. Ebenso wird der Voraus nach § 1932 BGB vom Verzicht umfasst.
Rz. 21
Besonderes Augenmerk in der Kautelarpraxis ist auf Zuwendungen zu legen, die in einer zum Zeitpunkt des Verzichts bereits bestehenden letztwilligen Verfügung zugunsten des Verzichtenden bereits angeordnet sind. Diese werden regelmäßig nicht vom Verzichtsvertrag erfasst.